Depressiv, schizophren, alkoholabhängig
Mehr als 60 Prozent der Obdachlosen in Japan leiden an Depressionen, Schizophrenie und weiteren psychischen Erkrankungen. Dies ergab eine in Japan in dieser Art erstmals durchgeführte Studie. Die Untersuchung wurde von einer Gruppe um Suimei Morikawa vom Kurihama Alkoholismus-Zentrum in Yokosuka zusammen mit der nicht-profitorientierten Hilfsorganisation TENOHASI durchgeführt. Von 100 im Umkreis von einem Kilometer um den Bahnhof von Ikebukuro befragten Obdachlosen liessen sich 80 untersuchen.
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Laut der Studie litten 40 Prozent der Obdachlosen an Depressionen, 15 Prozent waren schizophren oder hatten Wahnvorstellungen, weitere 15 Prozent waren alkoholabhängig. Einige litten an mehreren Erkrankungen gleichzeitig und wenn man Angststörungen und posttraumatische Belastungsstörungen (PTSD) berücksichtigt, litten 63 Prozent der Obdachlosen an einer psychischen Erkrankung. Weil die schweren Fälle nicht an der Untersuchung teilnahmen, dürfte der effektive Anteil sogar noch höher liegen. Eine Erklärung für diesen hohen Wert könnte sein, dass die Obdachlosen nach dem Verlust des Arbeitsplatzes in Depressionen gefallen sind oder dass sie wegen einer psychischen Erkrankung keine Arbeitsstelle finden.
Hohes Suizidrisiko
Etwa die Hälfte der untersuchten Obdachlosen hatten schon Gedanken wie «es wäre besser, zu sterben» oder «wenn ich doch schon tot wäre». Im Durchschnitt lebten die Obdachlosen seit 5 Jahren und 8 Monaten auf der Strasse, doch mit 20 Personen bildeten diejenigen, die seit weniger als einem halbem Jahr obdachlos waren, die grösste Gruppe. Laut Morikawa sind sie am stärksten suizidgefährdet, weil sie erst vor kurzem ihr zuhause verloren haben.
«Wenn man an psychischen Erkrankungen leidet, ist es sehr schwierig, sich aus eigener Kraft aus der Obdachlosigkeit zu befreien. Nötig sind auf den Fall abgestimmte Unterstützung und Behandlungen», sagte Morikawa gegenüber der Mainichi Shimbun. Viele Obdachlose suchen keine Hilfe, weil sie glauben, kein Recht auf Sozialleistungen zu haben oder mit dem Sozialamt nicht richtig kommunizieren können.
Steigt die Zahl der Obdachlosen?
Laut Morikawa könnte die Anzahl der an psychischen Erkrankungen leidenden Obdachlosen weiter steigen, wenn der japanische Staat mit der Streichung von Krankenbetten in den psychiatrischen Abteilungen fortfährt. Bei der letzten Erhebung im Januar 2009 waren in ganz Japan 15 759 Menschen obdachlos, was eine Abnahme von 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet.
Allerdings ist die Erhebungsmethode nicht sehr genau, weil vor allem tagsüber gezählt wird. Besonders diejenigen Obdachlosen, die erst vor kurzem ihr zuhause verloren haben, sind aber auf den ersten Blick schwer zu erkennen und tendieren dazu, erst spät in der Nacht in der Nähe der Bahnhöfe einen Schlafplatz zu suchen. Mit dem im Juli verzeichneten Rekordstand von 5,7 Prozent Arbeitslosen dürfte auch die Zahl der Obdachlosen steigen.
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