Das Geschäft mit dem Tod boomt
In der rasch alternden japanischen Gesellschaft ist das Bestattungsbusiness einer der wenigen Wachstumsmärkte. 1,14 Millionen Menschen starben letztes Jahr in Japan, 2040 werden es 1,6 Millionen sein. Weil wegen der Krise auch bei der letzten Reise gespart wird, verdrängen grosse Bestattungsunternehmen zunehmend die traditionellen Familienbetriebe. Selbst der Detailhandelsgigant Aeon will sich das Geschäft mit dem Tod nicht entgehen lassen und drängt mit Billigbestattungen in den Markt.
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Nach der japanischen Tradition hält die Trauerfamilie eine Totenwache im Haus des Verstorbenen ab. Ein Bestattungsinstitut wäscht und präpariert die Leiche bevor sie in den Sarg gelegt wird. Dazu betet ein buddhistischer Mönch und die Trauerfamilie brennt Räucherstäbchen ab. Am nächsten Tag wird der Sarg in einen buddhistischen Tempel gebracht, wo der Verstorbene einen buddhistischen Totennamen erhält. Anschliessend wird die Leiche kremiert.
Soziales Stigma hat eine goldene Kehrseite
Wer beruflich mit dem Tod in Berührung kommt, wird in Japan sozial geächtet. Das aus dem Kastensystem der japanischen Feudalzeit rührende Stigma ist nach wie vor nicht überwunden. Weil die soziale Ächtung eine hohe Barriere für den Eintritt ins Bestattungsgeschäft darstellt, haben sich in dieser Branche natürliche Monopole gebildet.
Die meisten Bestattungsinstitute sind denn auch kleine Familienunternehmen mit wenigen Angestellten, die von einer Bestattung im Monat leben können. So kostete 2007 eine Bestattung im Schnitt 2,3 Millionen Yen (17’000 Euro). Dabei besteht keine Pflicht, eine detaillierte Rechnung auszustellen. Zudem nehmen sie oft Zahlungen von Blumengeschäften und buddhistischen Mönchen als Gegenleistung für Aufträge entgegen.
Die Bestattungsinstitute ihrerseits bezahlen manchmal Krankenhäuser und buddhistische Tempel, um an die Toten zu kommen. «Wenn man erst einmal die Leiche hat, kann man verlangen soviel man will» sagte John Kamm, Chef des ersten nicht-japanischen Bestattungsinstituts All Nations Society Funeral Directors, welches diese Praxis ablehnt.
Selbst bei Bestattungen wird gespart
Doch wegen der Krise schauen die Konsumenten selbst bei der Bestattung aufs Geld und bei der urbanen Bevölkerung verliert die Religion an Stellenwert. Deshalb wird vermehrt nach günstigeren Lösungen gesucht.
Ein Drittel der Trauerfamilien in Tokio kremieren ihre Verstorbenen ohne Trauerfeier, sagte Midori Kotani vom Dai-Ichi Life Research Institute. «Die Leute achten sehr aufs Geld. Sie wollen nicht Hunderttausende von Yen dafür ausgeben, dass ein Mönch Schriften rezitiert, an die sie nicht glauben», sagte Kotani gegenüber Bloomberg.
Davon profitieren die grösseren Unternehmen, welche ihre Dienste günstiger anbieten können. Der Umsatz des Bestattungsinstituts Tear aus Nagoya beispielsweise stieg 2008 zum achten Mal in Folge auf 5,9 Millarden Yen (44 Mio. Euro). Tear arbeitet mit einer Eisenbahngesellschaft, einem Bauunternehmen und einem Tankstellenbetreiber zusammen, um neue Ableger auf deren Grundstücken zu eröffnen.
Supermarktgigant will Särge günstiger kaufen
Seit letztem Monat ist mit dem Supermarktriesen Aeon ein weiteres branchenfremdes Unternehmen im boomenden Business mit dem Tod tätig. Aeon arbeitet mit 400 Bestattungsinstituten zusammen und will durch gebündelte Einkäufe die Kosten um 40 Prozent senken. In nur 3 Jahren will Aeon 10 Prozent Marktanteil erobern.
Derzeit hat das Unternehmen San Holdings mit 1 Prozent den grössten Marktanteil. «In den Grossstädten Tokio und Osaka ist der Konkurrenzdruck bereits heute extrem», sagte Toshikazu Suzue, der Direktor von San Holdings. Statt mit Krankenhäusern will San Holdings deshalb demnächst mit Altersheimen zusammenarbeiten.
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