Ein zerstörerischer Preiskrieg
«Gyudon» heisst die japanische Antwort auf den Hamburger. Es ist dünn geschnittenes, gekochtes Rindfleisch auf Reis zu einem Billigpreis. Nun zwingt die Deflation die «Gyudon»-Ketten ihre Gerichte noch preiswerter anzubieten als sie dies jetzt schon tun. Die Restaurants sind in einen regelrechten Preiskampf geraten, der sie zwingt ihre Gewinnaussichten zu dezimieren, Arbeitskosten drastisch zu reduzieren und nicht rentable Geschäfte zu schliessen.
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Wie beim Big-Mac-Index widerspiegelt der Preis für ein «Gyudon»-Gericht indirekt die Kaufkraft der japanischen Volkswirtschaft. Entsprechend werden Preisreduktionen der drei grössten Ketten Sukiya, Yoshinoya und Matsuya von den japanischen Medien jeweils gross verkündet.
Matsuya, die kleinste der 3 Ketten, hat den Preiskrieg begonnen. Kostete dort eine «Normalportion» des Rindfleisch-Eintopfes im Dezember noch 380 Yen (3 Euro), so sind es heute nur noch 320 Yen (2.55 Euro). Marktführer Sukiya zog nach und riss den Preis von 330 Yen (2.64 Euro) auf 280 Yen (2.23 Euro) hinunter. Einzig die Nummer 2, Yoshinoya, verkauft ihr «Gyudon» noch für 380 Yen.
Die Deflation, sinkende Preise für Güter und Dienstleistungen, hat Japan seit der Wirtschaftskrise wieder fest im Griff. Währen die Preise in den Industrieländern um durchschnittlich 1,3 Prozent gestiegen sind, sind sie in Japan innerhalb eines Jahres um 1,9 Prozent gefallen. Dies führt dazu, dass die sowieso schon sparsamen Japaner ihr Geld noch mehr zurückhalten in der Hoffnung, dass die Preise weiter fallen werden. Zudem ist die japanische Bevölkerungszahl im Schrumpfen begriffen. Die Nachfrage wird damit noch schwächer.
Seit 1899 ein Garant für billiges Essen
Gerade der Rindlfeisch-Eintopf ist in Japan der Inbegriff für billiges Essen. Eikichi Matsuda eröffnete 1899 das erste Yoshinoya-Restaurant im Tokioter Nihonbashi-Quartier. Indem Matsuda Fleisch in rauen Mengen einkaufte und in kleinen Buden verkaufte, konnte so erstmals auch die Arbeiterklasse Fleisch zu vernünftigen Preisen essen. Mittlerweile gibt es im Japan und im Ausland 1’560 Läden. Durchschnittlich verzeichnet ein Laden mehr als 3’000 Kunden pro Tag.
Trotz des Billigbooms hat auch Yoshinoya mit der Wirtschaftskrise zu kämpfen. Die Gerichte sind nicht billig genug. 2,3 Milliarden Yen (18,3 Mio. Euro) Verlust hat die Kette zwischen März und November 2009 verzeichnet. Der Umsatz ist um 22,2 Prozent gesunken. Sukiya dagegen mit dem billigsten «Gyudon»-Angebot hat einen plötzlichen Umsatzanstieg von 15,9 Prozent verzeichnen können.
«Ein rücksichtloser Preiskrieg»
«Es ist als würde man ein trockenes Tuch auspressen», beklagt Yoshinoyas Pressesprecher Haruhiko Kizu gegenüber der New York Times die Misere. Den Preis weiter zu senken, sei unmöglich. Auch bei Sukiya zeigen sich erste negative Begleiterscheinungen des Preiskrieges. Die Belegschaft der Restaurantkette beschwert sich über ausbleibende Zahlungen für geleistete Überstunden.
«Wenn wir uns alle daran gewöhnen nur noch 250 Yen für eine Mahlzeit auszugeben, dann werden andere Gericht zu einem etwas höheren Preis für viele bald schon zu teuer sein. Wenn man etwas billig kauft, so senkt man den Wert des eigenen Lebens», kritisierte die einflussreiche japanische Ökonomin Noriko Hama in einem viel gelesenen Artikel. «Viele japanische Unternehmen führen einen derart rücksichtslosen Preiskrieg, dass sie sich selbst das Genick brechen», beklagt Masamitsu Sakurai von der einflussreichen Businessgruppe Keizai Doyukai die momentane Entwicklung, deren Ende noch nicht absehbar ist.
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