Am Montag im März in den Selbstmord
Japan hat mithin die höchste Selbstmordrate in der Welt. Die jährlichen Suizidfälle haben in den letzten 11 Jahren stets die Marke von 30’000 Fällen überschritten (Asienspiegel berichtete). Die japanische Regierung hat mit einer etwas makaberen Statistik für die Jahre 2004 bis 2008 diese Vermutung bestätigt. «Der Montag im März» sei der Zeitpunkt mit der höchsten Selbstmordrate.
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«Der März ist das Ende des Geschäftsjahres und der Montag ist der Neubeginn einer Woche. Diese Wendepunkte des Lebensalltages haben womöglich einen psychologischen Einfluss auf den Menschen. Aus diesen Gründen ist ‹der Montag im März› der gefährlichste Zeitpunkt für Selbstmordgefährdete», meint Yasuyuki Shimizu von Life Link gegenüber der Asahi Shimbun. Life Link ist eine japansiche Nonprofit-Organisation, die sich um Selbstmordprävention sowie um die Unterstützung der Hinterbliebenen kümmert.
Die Analyse der demographischen Daten des Gesundheitsministeriums kombiniert mit den Selbstmordstatistiken der Polizeibehörde hat ergeben, dass sich am Montag im März durchschnittlich 105,3 Menschen in Japan in den Selbstmord treiben. Der niedrigste Wert liegt am Samstag im Dezember. Durchschnittlich 63,1 Selbstmordfälle gibt es zu diesem Zeitpunkt.
Die Lehman-Pleite als Ausnahme
Durchschnittlich gibt es in den Monaten März, April und Mai am meisten Selbstmorde. Im März sind es 91, im April 87,5 und im Mai 86,6. Am tiefsten liegt der Durchschnittswert im Dezember mit 72,9 Selbstmorden. Eine Ausnahme gab es im Jahr 2008: Nach der Pleite von Lehman Brothers erreichte die Selbstmordrate im Oktober einen Spitzenwert.
Dabei fällt auf, dass sich im März vor allem Berufsleute – von Selbständigerwerbenden bis zu Angestellten – das Leben nehmen. Im April und Mai hingegen sind es Hausfrauen und im Mai und Juni trifft es am ehesten Arbeitslose und Rentner. Nach Tagen unterschieden, gab es an Montagen im Jahr 2009 durchschnittlich 92,8 Suizidfälle. Der Samstag hingegen ist mit 70,7 Fällen der Tag mit den wenigsten Selbstmorden.
Eine weitere Auffälligkeit ist, dass es in der Suizidstatistik jeweils kleine Ausschläge gibt, nachdem eine unschuldige Person in den Selbstmord eines anderen mitgerissen wurde, sich berühmte Menschen das Leben genommen oder wenn sich jemand wegen Mobbings getötet hatte.
Leere Versprechungen?
Die Regierung Hatoyama hat aufgrund dieser Publikation versprochen die Präventionsmassnahmen für den Monat März künftig zu verstärken. Weitere Untersuchungen sollen zudem vertieftere Aussagen zu den Selbstmorden nach Präfektur, Gemeinde, Beruf und Zeitpunkt geben.
Shimizu von Life Link begrüsst die weiteren Untersuchungen der Regierung. Doch er bleibt skeptisch, denn bereits 2007 versprach der japanische Staat mit Präventionsmassnahmen die Zahl der Freitode in den nächsten zehn Jahren um 20 Prozent senken zu wollen. «Die ansteigende Suizidrate spiegelt die Unfähigkeit der Regierung, den Menschen, die Unterstützung brauchen, die notwendige Hilfe zu erbringen», beklagte sich Shimizu im Juli des letzten Jahres (Asienspiegel berichtete).
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