Die ers­te Pre­mier­mi­nis­te­rin Japans?

Eine Politikerin mit klaren Vorstellungen: Die 42-jährige Renho.
Eine Poli­ti­ke­rin mit kla­ren Vor­stel­lun­gen: Die 42-jäh­ri­ge Ren­ho. wiki­me­dia

Ren­ho Mura­ta ist ihr offi­zi­el­ler Name. Nen­nen tun sie alle nur Ren­ho. Die 42-Jäh­ri­ge ist Mit­glied der regie­ren­den Demo­kra­ti­schen Par­tei (DPJ) und seit ein paar Mona­ten ein gefrag­ter Polit­star. Ihren gros­sen Auf­tritt im Ram­pen­licht der japa­ni­schen Poli­tik hat­te die Ober­haus­ab­ge­ord­ne­te im letz­ten Novem­ber, als sie Büro­kra­ten vor allen Kame­ras mit unan­ge­neh­men Fra­gen löcherte.

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«Wie­so muss Japan die Welt­num­mer 1 sein? Was ist falsch damit die Num­mer 2 zu sein?» frag­te Ren­ho einen Büro­kra­ten vor lau­fen­den Fern­seh­ka­me­ras. Es ging um einen Bud­get­pos­ten über 30 Mil­li­ar­den Yen (240 Mio. Euro) zu Ent­wick­lung der nächs­ten Gene­ra­ti­on von Super­com­pu­tern. Ren­ho ist Mit­glied einer Regie­rungs­kom­mis­si­on, wel­che die Auf­ga­be hat den defi­zi­tä­ren Staats­haus­halt von «unnö­ti­gen Aus­ga­ben» zu befreien.

Seit­her ist die 42-Jäh­ri­ge mit Kurz­haar­schnitt im Schwein­wer­fer­licht der Poli­tik. «Es geht doch für Japan nicht dar­um die Num­mer 1 zu sein. Es geht dar­um der Ers­te zu sein», erklärt sich die Poli­ti­ker im Inter­view mit der Japan Times. Die Num­mer 1 zu sein, sei ledig­lich ein tem­po­rä­rer Sta­tus. Wenn man jedoch stets der Ers­te sei, habe man gera­de in im tech­no­lo­gi­schen Bereich auch die lukra­ti­ven Patentrechte.

Eine Poli­ti­ke­rin mit zwei Kul­tu­ren in sich

Ihr Vater ist aus Tai­wan, die Mut­ter aus Japan. Auf­ge­wach­sen ist Ren­ho in Tokio. Mit 18 ent­schei­det sie sich für die japa­ni­sche Staats­bür­ger­schaft. An der Uni­ver­si­tät Aoy­a­ma in Tokio stu­diert sie Rechts­wis­sen­schaf­ten, «weil ich mir aus­rech­ne­te, dass in der japa­ni­schen Gesell­schaft die Rechts­strei­tig­kei­ten zuneh­men würden».

Dane­ben heu­ert sie für ein Jahr als Bade­an­zug-Model für den Auto­ra­dio­her­stel­ler Cla­ri­on an. Sie fin­det heu­te, dass «dar­an nichts falsch» gewe­sen sei. Immer­hin habe sie sich damit ihren Wunsch nach einem eige­nen Auto erfül­len können.

Nach dem Stu­di­um wird sie Nach­rich­ten­spre­che­rin bei den Fern­seh­sen­dern TBS und TV Asahi. In die­ser Zeit hei­ra­tet sie einen Jour­na­lis­ten und bekommt zwei Kin­der. «Eine Haus­frau zu wer­den, war jedoch nie eine Opti­on für mich», sagt Ren­ho im Inter­view mit der Japan Times.

Eine poli­ti­sche Quereinsteigerin

Dane­ben hängt sie noch ein Stu­di­um an der Uni­ver­si­tät Peking an, um die chi­ne­si­sche Spra­che zu erler­nen. «Ich muss­te mir etwas Ein­zig­ar­ti­ges aneig­nen, um in der Medi­en­welt als Frau zu über­le­ben.» Ihre tai­wa­ni­schen Wur­zeln hät­ten ihr bei die­ser Ent­schei­dung natür­lich geholfen.

2004 steigt Ren­ho als Quer­ein­stei­ge­rin in die Poli­tik ein und wird sogleich für die DPJ ins Ober­haus gewählt. Ihre unnach­gie­bi­ge Art wenn es um die Ver­wen­dung von Steu­er­gel­dern geht, hat Ren­ho vie­le poli­ti­sche Fein­de und viel Miss­gunst unter alt­ein­ge­ses­se­nen Poli­ti­kern eingebracht.

«Kei­ne ursprüng­li­che Japanerin»

Takeo Hira­nu­ma, ehe­ma­li­ger Han­dels­mi­nis­ter und frü­he­res Mit­glied der Libe­ral­de­mo­kra­ten (LDP), ver­such­te mit ras­sis­ti­schen Bemer­kun­gen ihre poli­ti­sche Legi­ti­mi­tät zu unter­gra­ben: «Ich woll­te das eigent­lich gar nicht sagen, aber Ren­ho ist kei­ne ursprüng­li­che Japa­ne­rin. Sie wur­de ein­ge­bür­gert und jetzt ist sie Abgeordnete.»

Ren­ho lässt sich nicht beein­dru­cken von sol­chen Aus­sa­gen: «Ich bin stolz Tai­wa­ne­rin zu sein und ich bin auch stolz Japa­ne­rin zu sein.» Die 42-Jäh­ri­ge ist sich bewusst, dass sie in einem Land mit einer ver­schwin­dend klei­nen Min­der­heit an Aus­län­dern eine Aus­nah­me­erschei­nung ist und schnell zur Ziel­schei­be kon­ser­va­ti­ver Poli­ti­ker wer­den kann.

Vor­sicht bei Ausländerfragen

Dem­entspre­chend zeigt sie sich vor­sich­tig, wenn es um Fra­gen des Aus­län­der­rechts oder der Immi­gra­ti­on geht. Zur kon­tro­ver­sen The­ma­tik über das Stimm­recht für Aus­län­der auf Kom­mu­nal­ebe­ne (Asi­en­spie­gel berich­te­te) sagt sie kurz und bün­dig: «Ich bin dage­gen.» Ent­we­der habe man vol­le poli­ti­schen Rech­te oder gar kei­ne. Dar­über soll­te Japan diskutieren.

Auch bei der Immi­gra­ti­ons­fra­ge zeigt sich Ren­ho, wie selbst sagt, «vor­sich­tig»: «Dafür müs­sen wir das Ver­ständ­nis der Öffent­lich­keit gewin­nen.» In Japan exis­tie­re schlicht­weg kei­ne Immi­gra­ti­ons­po­li­tik. Es sei daher not­wen­dig eine Grund­satz­de­bat­te dar­über zu füh­ren, was eine Nati­on über­haupt ausmache.

Kri­tik an Hatoyama

Wenn es um die fal­len­de Zustim­mungs­ra­te von Par­tei­kol­le­ge und Pre­mier­mi­nis­ter Yukio Hatoy­a­ma geht, hat Ren­ho eine glas­kla­re Mei­nung und scheut sich im Inter­view mit der Japan Times auch nicht vor Kritik:

«Schluss­end­lich geht es hier um Poli­tik und Geld. Unse­re Wäh­ler haben einen neu­en Polit­stil und ein sau­be­res Image von unse­ren Par­tei­füh­rern erwar­tet. Hatoy­a­ma und Gene­ral­se­kre­tär Oza­wa haben ihre Bezie­hung zwi­schen Poli­tik und Geld jedoch nicht über­zeu­gend offen­ge­legt (Asi­en­spie­gel berich­te­te), obwohl sie das Gegen­teil behaup­ten. Mit ihrer Art haben sie wie­der den alten Polit­stil eingeschleppt.»

Kla­re Vorstellungen

Der Spen­den­skan­dal um Hatoy­a­ma und Oza­wa könn­te am Ende auch auf Ren­ho zurück­fal­len, die im Juni erneut als Abge­ord­ne­te fürs Ober­haus kan­di­diert. Sie ist sich des­sen bewusst: «Wir müs­sen das Pro­blem lösen, nicht für uns, son­dern für das Ver­trau­en der Men­schen in die Poli­tik. Wir Poli­ti­ker, die neu dabei sind, kön­nen uns die­se Art der Poli­tik nicht mehr erlauben.»

Ren­ho ist eine Poli­ti­ke­rin mit einer unge­wohnt kla­ren Mei­nung. Ihr Polit­stil könn­te sie einst ganz nach oben kata­pul­tie­ren. Ren­ho wüss­te auch schon, wor­auf sie als Pre­mier­mi­nis­te­rin Wert legen wür­de: «Ich wür­de sagen die Offen­le­gung der Infor­ma­tio­nen, Trans­pa­renz und öffent­li­che Betei­li­gung. Was US-Prä­si­dent Barack Oba­ma für sein Land getan hat, kön­nen wir auch für Japan tun.» ja.

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