Englisch zum Schulanfang
In Japan beginnt am Montag offiziell das neue Schuljahr. In den vom Tsunami zerstörten Präfekturen gestaltet sich die Rückkehr zum Alltag jedoch äusserst schwierig. In den drei betroffenen Präfekturen Iwate, Miyagi und Fukushima wurden über 1000 Schulgebäude teilweise oder ganz zerstört. Noch immer werden zahlreiche Schüler und Lehrer vermisst. Vielerorts muss der Schulbeginn verschoben werden. Die in Notunterkünften lebenden Menschen versuchen ihre Kinder zeitweilig in anderen Schulen unterzubringen. Es wird noch lange dauern bis hier wieder ein Hauch von Normalität einkehrt.
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Der reguläre Schulanfang hat derweil für die Kinder eine besondere Neuerung parat. So werden alle 10- bis 12-jährigen Primarschüler öffentlicher Schulen zum ersten Mal zum obligatorischen Englischunterricht gebeten. Japan ist in dieser Hinsicht reichlich spät dran. Laut dem Guardian ist Englisch in Südkorea bereits seit 1997 und in China seit 2005 ein Pflichtfach in den Primarschulen. In Japan war Englisch bis anhin ein freiwilliges Fach, das je nach Schule mehr schlecht als recht gelehrt wurde.
Auf dem 136. Platz
Tatsächlich schneiden die japanischen Schüler bei Englischprüfungen wie dem TOEFL regelmässig schlecht ab. Japan kommt in der TOEFL-Länderrangliste von 2007 auf den 136. Platz von insgesamt 161 Nationen zu liegen. Selbst Nordkorea ist mit dem 111. Platz noch besser bedient. Auch China mit dem 99. und Südkorea mit dem 72. Platz lassen Japan dabei hinter sich.
Doch am meisten fürchten sich die 400’000 japanischen Primarlehrer vor dem Englischkurs. In einer Umfrage sagten gar 77 Prozent der Lehrer, dass sie ihre Sprachkenntnisse aufbessern müssten. Denn die Rolle des Sprachlehrers übernahmen bisher anhin junge Personen aus englischsprachigen Ländern, die mit Stipendien von der japanischen Regierung bezahlt wurden.
Um richtig vorbereitet zu sein, haben sich Primarlehrer laut der Asahi Shimbun zu Lerngruppen zusammen geschlossen. Im Vordergrund steht dabei der in Japan allgemein schwer vernachlässigte Mündlichunterricht. «Indem ich im Schulunterricht ohne Scheu Englisch verwende, werden auch die Kinder ihre Hemmungen verlieren», gibt sich ein 26-jähriger Lehrer, der noch nie Englisch unterrichten musste, zuversichtlich.
Einfluss der Wirtschaftslobby
Die Einführung des obligatorischen Englischunterrichts kam durch das Vorpreschen der Wirtschaftslobby zustande, die sich über mangelnde Sprachkenntnisse ihrer Mitarbeiter beklagte. So hat inzwischen die japanische Wirtschaftswelt die Wichtigkeit der Weltsprache Englisch erkannt.
Konzerne wie Kleiderhersteller Fast Retailing, Autobauer Nissan oder der Onlinehändler Rakuten haben bereits begonnen, auf Kaderebene Englisch als offizielle Sprache einzuführen (Asienspiegel berichtete). «Dieser Schritt ist für ein japanisches Unternehmen notwendig, um als globales Unternehmen zu überleben», erklärte Tadashi Yanai von Fast Retailing, der Muttekonzern der Kleiderkette Uniqlo.
Genau solche Konzerne verbinden mit der Einführung von Englisch als Pflichtfach in Primarschulen die grössten Hoffnungen. Es bleibt abzuwarten, ob Japans Kinder in 10 Jahren durch diese Massnahme auch tatsächlich einen einfacheren Zugang zum Englisch haben werden.
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