Der Atom­aus­stieg wird salonfähig

Ausstieg jetzt: An einer Anti-AKW-Demo in Tokio.
Aus­stieg jetzt: An einer Anti-AKW-Demo in Tokio. flickr/​midorisyu

Der Aus­stieg aus der Atom­ener­gie war für Japan bis zur Kata­stro­phe in Fuku­shi­ma nicht annä­hernd ein The­ma. Zu stark war der Ein­fluss der Wirt­schaft und Poli­tik auf die­se Frage.

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«Nach dem Ölschock der 1970er-Jah­re erklär­te die Regie­rung den Atom­strom zur natio­na­len Poli­tik. Die Strom­pro­du­zen­ten ver­brei­te­ten mit rie­si­gen Geld­sum­men ihre Pro­pa­gan­da, kauf­ten die Medi­en und impf­ten damit der Bevöl­ke­rung die Illu­si­on der siche­ren Atom­ener­gie ein», brach­te der renom­mier­te japa­ni­sche Schrift­stel­ler Haru­ki Mura­ka­mi in sei­ner Rede zur Kata­stro­phe Japans Atom­po­li­tik auf den Punkt (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Japa­ner sagen Ja zum Ausstieg

Nach der schreck­li­chen Kata­stro­phe von Fuku­shi­ma scheint nun aber auch in der japa­ni­schen Bevöl­ke­rung lang­sam aber sicher ein Umden­ken in Gang zu kom­men. In einer lan­des­wei­ten Umfra­ge der Asahi Shim­bun haben 74 Pro­zent der Befrag­ten Ja zu einer «schritt­wei­sen Reduk­ti­on der Kern­kraft­wer­ke und eines Aus­stiegs in der Zukunft» gesagt. Ledig­lich 14 Pro­zent lehn­ten die­sen Vor­schlag ab.

In einer wei­te­ren Fra­ge befür­wor­ten 37 Pro­zent der Befrag­ten die Nut­zung der Kern­ener­gie, 60 Pro­zent von ihnen wol­len aber den­noch einen stu­fen­wei­sen Atom­aus­stieg. 65 Pro­zent aller Befrag­ten wären auch bereit die höhe­ren Strom­kos­ten der erneu­er­ba­ren Ener­gi­en zu bezah­len. 1980 Per­so­nen mach­ten bei der Umfra­ge mit.

Datsu Gen­patsu, der japa­ni­sche Begriff für Atom­aus­stieg, wur­de in den letz­ten Wochen in Japans Medi­en ver­mehrt behan­delt. Gera­de die Aus­stiegs­ab­sich­ten Deutsch­lands, der Schweiz oder Ita­li­ens Ver­zicht auf Ken­ern­er­gie per Volks­ab­stim­mung ver­hall­ten auch in Japan nicht ungehört.

Fuku­shi­mas Gou­ver­neur als Vorreiter

Aber nicht nur die Medi­en, auch in die Poli­tik scheint Bewe­gung zu kom­men. Yuhei Sato, der Gou­ver­neur der Prä­fek­tur Fuku­shi­ma, hat in die­sem Zusam­men­hang eine Unter­su­chungs­kom­mis­si­on ins Leben geru­fen, wel­che bis Juli die Grund­prin­zi­pi­en zum Auf­bau einer von der Kern­ener­gie unab­hän­gi­gen Gesell­schaft skiz­zie­ren soll.

Zwar hät­ten die Atom­kraft­wer­ke Fuku­shi­ma 1 und 2 in der Ver­gan­gen­heit rund 10’000 Men­schen in der Prä­fek­tur beschäf­tigt und damit ins­ge­samt 30’000 Men­schen eine Exis­tenz gebo­ten. Auch sei­en dadurch lebens­wich­ti­ge Sub­ven­tio­nen in der Höhe von 269,4 Mil­li­ar­den Yen (2,3 Mil­li­ar­den Euro) in die Prä­fek­tur geflossen.

Doch mit der Kata­stro­phe sei­en über 100’000 Men­schen zur Flucht gezwun­gen wor­den. Die radio­ak­ti­ve Ver­strah­lung habe der loka­len Indus­trie- und Land­wirt­schafts­pro­duk­te einen der­art immensen finan­zi­el­len Scha­den zuge­fügt, dass der Aus­stieg heu­te unver­meid­lich sei, so die Mei­nung der Kommission.

Die LDP bleibt konsequent

Nobute­ru Ishiha­ra, der Gene­ral­se­kre­tär der gröss­ten Oppo­si­ti­ons­par­tei LDP, sieht die jet­zi­ge Ent­wick­lung etwas skep­ti­scher. Zwar ver­ste­he er gefühls­mäs­sig die nach sei­nen eige­nen Wor­ten um sich grei­fen­de «Grup­pen­hys­te­rie» um den Atom­aus­stieg nach dem ver­hee­ren­den Unfall.

Es sei zwar ein­fach, gegen den Atom­aus­stieg zu sein, doch es hand­le sich hier nicht um ein ein­fa­ches Pro­blem, bei dem man ein­fach sagen kann, wir stei­gen von heu­te auf mor­gen aus, erklär­te Ishiha­ra sei­ne Skep­sis. Als lang­jäh­ri­ge Regie­rungs­par­tei hat­te die LDP die Atom­kraft in den 1970er-Jah­ren zur natio­na­len Prio­ri­tät erklärt.

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