Der Nächste, bitte!
Die Ära von Premierminister Naoto Kan wird am 30. August 2011 zu Ende gehen. Dies hat er seinem Kabinett mitgeteilt. Einen Tag zuvor wird die Demokratische Partei, die über die Mehrheit im Unterhaus verfügt, ihren neuen Präsidenten und somit auch den neuen Regierungschef Japans wählen. Es wird der 6. Premierminister innerhalb von 5 Jahren sein.
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Bislang schien es eine Wahl zwischen dem aktuellen Finanzminister Yoshihiko Noda und dem Wirtschafts- und Industrieminister Banri Kaieda zu werden. Zwei Vertreter, die dem klassischen Profil eines japanischen Politikers entsprechen. Der eine blass, der andere polternd. Der eine will die Steuern erhöhen (Noda), der andere will die Konjunkturpolitik der letzten 20 Jahre fortführen (Kaieda). Und beide würden sie spätestens nach einem Jahr wieder aus dem Amt des Premierministers entfernt.
Der neue Kandidat
Doch nun hat mit dem ehemaligen Aussenminister Seiji Maehara ein weiterer sein Interesse fürs den Schleudersitz angekündigt und damit ein bisschen Farbe ins Kandidatenkarussell gebracht. Maehara gilt als ambitiös, mit 49 Jahren vergleichsweise jung und charismatisch. In der Bevölkerung geniesst er unter allen Kandidaten die höchsten Beliebtheitswerte, weil man sich auch an seine politischen Massnahmen als Minister erinnern mag.
Als Verkehrsminister unter Yukio Hatoyama leitete er die Sanierung der Japan Airlines (JAL) ein (Asienspiegel berichtete) und vertrat den Ausbau des Flughafens Haneda zum neuen internationalen Hub (Asienspiegel berichtete). Als Aussenminister stand er im Streit mit China um die Senkaku-Inselgruppe beharrlich für die japanische Position ein (Asienspiegel berichtete).
Weil er von einer in Japan lebenden Koreanerin, die Maehara seit der Schulzeit kannte, Spendengelder in der Höhe von rund 250’000 Yen (2250 Euro) entgegengenommen hatte, musste er am 6. März, 5 Tage vor dem Tsunami, zurücktreten. In Japan sind Spenden von Ausländern verboten, selbst wenn sie Koreaner sind und schon seit Generation auf der Insel leben. Die Affäre konnte Maehara nur wenig anhaben, im Gegenteil. Unbelastet von der arg gescholtenen Katastrophenpolitik Naoto Kans kann er nun ins Rennen steigen.
Was macht Ozawa?
Die Präsidentschaftswahl der Demokraten ist somit zum offenen Rennen geworden. Keiner der Kandidaten hat eine Mehrheit der Faktionen innerhalb der Demokratischen Partei hinter sich. Am Ende könnte der von Naoto Kan entmachtete Schatten-Shogung Ichiro Ozawa mit seiner Faktion von 120 Abgeordneten das Zünglein an der Waage spielen.
Während Noda und Kaieda sich Ozawa anzunähern scheinen, bleibt Maehara vorerst auf Distanz. Wie Naoto Kan zeigt der ehemalige Aussenminister zurzeit keine Bereitschaft, dem Strippenzieher erneut Parteiprivilegien und lukrative Ministerposten zugestehen zu wollen. Maehara weiss nur zu gut, dass Ozawa keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung hat. Nur: Ohne eine Kooperation mit dem alten Mann würde auch er wie Naoto Kan frühzeitig scheitern. Einzig Neuwahlen werden der Zwickmühle der Demokratischen Partei ein Ende bereiten können.
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