Zum Scheitern verurteilt
Finanzminister Yoshihiko Noda wird neuer japanischer Premierminister und tritt damit die Nachfolge des einstigen Hoffnungsträgers Naoto Kan an. Bei der Wahl um den Vorsitz der Demokratischen Partei (DPJ) stach er Handelsminister Banri Kaieda aus. Noda wird somit zum neuen Premierminister Japans. Er ist der sechste innerhalb von 5 Jahren. Der 54-Jährige beschrieb sich vor den Wahlen als unscheinbar. «Ich habe nicht die grosse Ausstrahlung», sagte er vor den Wahlen und fügte prophetisch bei: «Sollte ich gewählt werden, werden meine Zustimmungsraten nicht hoch sein.»
Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs.
Noda glaubt, dass er der richtige Mann ist, um den gewaltigen Berg an Problemen zu lösen. Ein Vermittler in der Krise will er sein. Japan kämpft noch immer mit den Folgen der Dreifachkatastrophe vom 11. März, die Staatsschulden wachsen ins Unermessliche und die Sozialsysteme drohen durch die alternde Bevölkerung zu kollabieren. Als gemässigter Politiker, der sich geduldig und kompromissbereit zeigt und sich gut mit den mächtigen Bürokraten stellt, meint Noda den richtigen Ansatz zu haben. Um seine Ziele zu erreichen, will er die Mehrwertsteuer erhöhen und die Staatsschulden abbauen. Die Pattsituation im Parlament will er mit in einer grossen Koalition mit den Liberaldemokraten beheben.
Und immer wieder Ozawa
Man mag dem bescheidenen Yoshihiko Noda wünschen, dass er Japan mit diesen Rezepten durch die Krise bringt. Doch vieles spricht dafür, dass auch er nur ein kurzes Gastspiel geben wird. So wird Noda genau wie seine beiden Vorgänger das interne Machtgerangel zu spüren bekommen. Denn Ichiro Ozawa, mit einer Faktion von 120 Abgeordneten der Machtfaktor innerhalb der Demokratischen Partei, hatte in der Stichwahl Kontrahent Banri Kaieda den Vorzug gegeben.
Naoto Kan und Yoshihiko Noda haben zwar bewiesen, dass man ohne Unterstützung des heimlichen Strippenziehers Premierminister werden kann. Um aber auf Dauer im Amt zu bleiben, muss sich Noda mit Ozawa arrangieren. Das bedeutet nichts anderes, als dem in der Bevölkerung unbeliebten Politiker oder einem seiner Vertrauten wichtige Posten zuschieben zu müssen. Dagegen laufen die inzwischen zahlreichen Gegner Ozawas innerhalb der DPJ Sturm. Der Streit in der tief gespaltenen Partei ist in jedem Fall vorprogrammiert.
Kein Zuspruch in der Bevölkerung
Noda fehlt zudem die Legitimität des Wahlvolkes. 2009 sprachen die Japaner der Demokratische Partei und ihrem damaligen Spitzenkandidaten Yukio Hatoyama das Vertrauen aus. Hatoyama versprach seinen Wählern vier Jahre Kontinuität und politischen Wandel. Die Macht der Bürokratie sollte endliche beschnitten werden. Die Hoffnungen waren gross. Inzwischen stellt die Demokratische Partei ihren dritten Premierminister und setzt damit eine Untugend der früheren Regierungspartei der Liberaldemokraten fort.
Den Zuspruch der Bevölkerung hat die Partei schon längst verloren. Die Euphorie von damals ist verflogen, die Erneuerung der japanischen Politik gescheitert. Die Demokratische Partei ist nichts anderes als eine Fortsetzung der Liberaldemokraten in neuem Gewand. Ein Spitzenkandidat Noda wäre bei den Parlamentswahlen, die spätestens in 2 Jahren wieder anstehen, durchgefallen. Selbst wenn der 54-Jährige anfänglich Goodwill in der Bevölkerung geniessen sollte, wird auch seine Zustimmungsrate mit jedem noch so kleinen Fehltritt in den Keller fallen. Ohne eine grundlegende Unterstützung der Bevölkerung hat noch kein japanischer Regierungschef lange überlebt.
Charisma ist gefragt
Was Japan braucht, ist kein weiterer unscheinbarer Premierminister. Das Land braucht dringend eine Persönlichkeit, die es mit intriganten Politikern (Asienspiegel berichtete) und mit skandalsüchtigen Medien (Asienspiegel berichtete) aufnehmen kann, stets im Wissen, die Bevölkerung hinter sich zu haben. Der letzte Premier, dem dieses Kunststück gelang, war Junichiro Koizumi. Denn die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt hat keine Zeit mehr für politische Kleinkriege – zu gross sind die Herausforderungen.
Was denken Sie über den neuen Premierminister? Machen Sie in unserer Umfrage auf Facebook mit, oder schreiben Sie einen Kommentar.
Ohne Abonnenten kein Asienspiegel
Februar 2024 – Wenn Sie diesen Artikel gratis lesen, bezahlen andere dafür. Mit einem Abo sichern Sie die Zukunft dieses Japan-Blogs, der über 5000 kostenlos zugängliche Artikel bietet.
VORTEILE JAHRES-ABO
Jahres-Abonnenten stehe ich für Fragen zur Verfügung. Klicken Sie hier, um mehr darüber zu erfahren.
- Zahlungsmittel: Master, Visa, PayPal, Apple Pay, Google Pay
- Für TWINT bitte via Asienspiegel Shop bezahlen
- Für Banküberweisung hier klicken