Ein Land, zwei Regionen
Ein Land, zwei Regionen. Diese Bezeichnung sorgt in Taiwan derzeit für Aufregung. Mit einem Land ist China gemeint, mit den zwei Regionen, das Festland und Taiwan. Geäussert hat sie letzte Woche ein Vertreter von Taiwans Regierungspartei Kuomintang während eines Treffens mit dem chinesischen Präsidenten.
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Während des jährlichen Forums der Kuomintang (KMT) und der chinesischen kommunistischen Partei, traf der ehemalige KMT-Vorsitzende Wu Poh-hsiung den chinesischen Präsidenten Hu Jintao. Wu machte den Vorschlag, Angelegenheiten zwischen den beiden Seiten unter der Bezeichnung «ein Land, zwei Regionen» zu regeln. Die Reaktionen in Taiwan blieben nicht aus. Vor allem die Oppositionspartei DPP kritisiert die Definition und verlangt eine Entschuldigung von Präsident Ma Ying-jeou.
Taiwan würde damit herabgestuft, eine Vereinigung zur einzigen Option für Taiwan, so DPP-Sprecher Lin Yu-chang. Die frühere DPP-Vorsitzende Tsai Ing-wen, die Ma während der Präsidentenwahl im Januar unterlag, bezeichnete den Ausdruck sogar als gefährlich, so Taiwans Nachrichtenagentur CNA.
Ein Land, zwei System
«Ein Land, zwei Regionen» verunsichere die Taiwaner eben, sagte der Politologe Spencer Yang gegenüber Radio Taiwan International. Es klinge für viele auch so, als würde man dem «Ein Land, zwei Systeme», nun ein Stück näher kommen, das bereits während der Deng Xiaoping-Ära vorgeschlagen wurde. Nicht nur Hongkong, sondern auch Taiwan sollte unter dieser Formel zum Vaterland zurückkehren.
Die ehemalige britische Kronkolonie ist seit 1997 eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China. Unter «ein Land, zwei Systeme» hat sich China verpflichtet, Hongkong während mindestens 50 Jahren nach der Rückgabe einen hohen Grad an Autonomie zu gewähren.
Für Taiwan ist das System Hongkong derzeit jedoch keine Option. Überhaupt betont Präsident Ma Ying-jeou, dass während seiner Amtszeit, neben dem Verzicht auf Waffengewalt, weder eine formelle Unabhängigkeit ausgerufen, noch eine Vereinigung vollzogen werde.
Zwei Regionen-Konzept nichts Neues
Die taiwanische Regierung verweist ausserdem auf die Verfassung der Republik China, in der ebenfalls von «ein Land, zwei Regionen» die Rede ist. Die eine Region sei das Festland und die andere – die freie Region – sei Taiwan. Mit einem Land sei selbstverständlich die Republik China gemeint, teilte das Präsidialamt unlängst mit.
Die Beziehungen über die Taiwanstrasse seien besonders und könnten nicht als Beziehungen zwischen zwei Staaten betrachtet werden, sagte auch Wu Poh-hsiung in Peking. Wu verwies auf eine eigens dafür eingerichtete Kabinettskommission, die in Taiwan für Angelegenheiten mit dem Festland zuständig sei und nicht etwa das Aussenministerium.
Das Ein-China-Prinzip
Obwohl die beiden Seiten der Taiwanstrasse sich näher gekommen sind – inzwischen gibt es ein Handelsabkommen, Direktflüge, chinesische Touristen dürfen Taiwan bereisen – wurden konkrete Souveränitätsfragen bisher ausgeklammert. Während für die Regierung in Taipei mit dem einen China, die Republik China gemeint ist, ist es für Peking die Volksrepublik.
Dass für Peking die Insel Taiwan zu China gehört, stellte das chinesische Büro für Taiwan-Angelegenheiten (TAO) am Mittwoch nochmals klar. Sprecher Yang Yi sagte, man könne über alle Fragen diskutieren, nur das Ein-China-Prinzip müsse jeder akzeptieren.
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