Japan ist frei von Atomstrom
Im Verlaufe des heutigen Samstags wird der Reaktor 3 im AKW Tomari auf Hokkaido für Unterhaltsarbeiten und Stresstests heruntergefahren. Damit ist in Japan erstmals seit 1970 kein AKW mehr in Betrieb. Seit der Katastrophe von Fukushima sind der Reihe nach alle 54 Reaktoren vom Netz genommen worden. Die Anti-AKW-Bewegung wird dieses Wochenende diesen historischen Tag mit einer Kundgebung feiern.
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In Japan müssen die Atomreaktoren alle 13 Monate für Unterhalts- und Kontrollarbeiten angehalten werden. Normalerweise reicht fürs Hochfahren ein Einverständnis der Regierung in Tokio. Seit der AKW-Katastrophe von Fukushima haben sich aber die lokalen Regierungen und Einwohner mit Erfolg geweigert, ihre Reaktoren wieder anzuschalten (Asienspiegel berichtete).
Offiziell hält die Regierung in Tokio weiterhin an ihrer Atomstrom-Politik fest. Erst letzten Monat sind die Verhandlungen um ein Wiederhochfahren von 2 Reaktoren im AKW Oi gescheitert. Gouverneur Issei Nishikawa von der betroffenen Präfektur Fukui will ohne zusätzliche Stresstests kein grünes Licht geben (Asienspiegel berichtete). Durch den Widerstand der Lokalregierungen und der Bevölkerung hat sich der AKW-Null-Zustand, Genpatsu Zero, damit früher als in Deutschland oder in der Schweiz eingestellt.
Befürworter und Gegner
Ob jemals in Japan ein AKW wieder in Betrieb genommen wird, steht zurzeit in den Sternen. Kansai Electric Power drängt mit der Unterstützung der Regierung in Tokio auf ein Hochfahren des AKW Oi, um eine Versorgungslücke in der Metropole Osaka in den heissen Sommermonaten zu verhindern. Dagegen stehen 60 Prozent der Bevölkerung, die gegen eine Wiederinbetriebnahme des AKW Oi sind.
Ganz allgemein befürworten weit über 50 Prozent der Japaner inzwischen den Ausstieg aus der Atomkraft. Zahlreiche Prominente und selbst Premier Naoto Kan haben sich inzwischen offiziell auf ihre Seite geschlagen (Asienspiegel berichtete).
Die entscheidenden Sommermonate
Zur Kompensation des ausfallenden Atomstroms haben Stromproduzenten begonnen, veraltete Thermalkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen. Als Folge davon ist die Importmenge von Flüssiggas letztes Jahr um fast 20 Prozent angestiegen, das Handelsdefizit dadurch erstmals seit Jahrzehnten ins Minus gerutscht. Projekte für erneuerbare Energien wie die Windkraft oder Geothermie sind erst gerade angelaufen (Asienspiegel berichtete: Windkraft, Geothermie).
Die Präfekturregierung von Osaka fordert derweil von Kansai Electric Power, eine möglichst stabile Versorgungssicherheit für den Sommer zu gewährleisten. Im letzten Jahr kam Japan dank zahlreicher Energiesparmassnahmen ohne Stromausfälle über die Runden. Für die Hauptstadt Tokio soll dies gemäss Tepco auch dieses Jahr möglich sein (Asienspiegel berichtete). Die Zukunft der japanischen Atompolitik hängt nun ganz davon ab, wie reibungslos das Land die kommenden Sommermonate ohne AKW-Strom überstehen wird.
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