Japans grüne Zukunft
In Japans Politlandschaft waren die Grünen bislang eine Randerscheinung. Nicht einmal eine Partei hatten sie, lediglich ein Bündnis von rund 70 grünen lokalen Abgeordneten. Die Grüne Zukunft nannten sie sich (jap. Midori no mirai). Nun soll alles anders werden. Einen passenderen Moment in der Geschichte Japans gab es wohl noch nie.
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Am 28. Juli 2012 ist aus einem Bündnis die erste Grüne Partei Japans (jap. Midori no To) geworden. Die Agenda der Grünen Japans ist klar: Die Abschaffung der Atomenergie und die Förderung erneuerbarer Energien. «Wir wollen ein breites Netzwerk zur Abschaffung der Atomenergie schaffen», erklärt die 33-jährige Nao Suguro, Co-Parteivorsitzende und ein Aushängeschild der neuen Partei.
Die Grünen wollen zur politischen Stimme der Anti-AKW-Bewegung in Japan werden. «Sowohl die regierende Demokratische Partei wie auch die oppositionellen Liberaldemokraten haben das Wiederhochfahren der AKW gebilligt», sagte der 59-jährige Akira Miyabe, der ebenfalls zum Parteivorsitz gehört, an der Gründungssitzung. Die Grossparteien hätten der Bevölkerung nicht einmal eine Wahl gegeben. Eine grössere demokratische Partizipation der Bevölkerung hat sich die Partei als weiteres Ziel vorgenommen.
Chancen auf eine Überraschung
Bei den nationalen Wahlen wollen die Grünen Japans in Zusammenarbeit mit Bürgerrechtsbewegungen und lokalen Parteien für erste Überraschungen sorgen. Das Knowhow beziehen sie vornehmlich von ihre Kollegen aus Deutschland. Die Chancen für erfolgreiche grüne Wahlresultate standen nie besser.
Eine Mehrheit in der Bevölkerung befürwortet den schrittweisen Atomausstieg. In den letzten Monaten hat sich eine funktionierende Anti-AKW-Bewegung in Japan etabliert. Wöchentlich demonstrieren sie zu Zehntausenden vor dem Amtssitz von Premierminister Yoshihiko Noda gegen dessen AKW-Politik (Asienspiegel berichtete). Am vergangenen Sonntag versammelten sich die Demonstranten erstmals vor dem Parlament in Tokio. Zuletzt geschah dies vor über 40 Jahren, als die Bevölkerung gegen die Sicherheitsallianz mit den USA protestierten.
Die Zeichen der Zeit
Dass es auch dieses Mal «nur» bei einer Bewegung ohne politischen Einfluss bleiben wird, ist unwahrscheinlich. Spätestens im Herbst 2013 sind nationale Wahlen. Nicht wenige der zu Opportunismus neigenden, einflussreichen Politiker in Tokio haben die Zeichen der Zeit erkannt und wenden sich inzwischen öffentlich gegen die Atomenergie (Asienspiegel berichtete).
Im bevölkerungsreichsten Tokioter Bezirk Setagaya ist mit Bürgermeister Nobuto Hosaka bereits ein erklärter Gegner der aktuellen Atompolitik in einem Exekutivamt. Bei den Gouverneurswahlen in der konservativen Hochburg Yamaguchi (Asienspiegel berichtete) ist der unabhängige AKW-Gegner Tetsunari Iida nur knapp gegen den LDP-Mann Shigetaro Yamamoto unterlegen.
Dabei zeigte sich, dass eine Mehrheit der unabhängigen Wähler Iida den Vorzug gaben. Der Unabhängige hatte sich kurzfristig für eine Kandidatur entschieden. Sein Blitzstart reichte nicht ganz aus, deutet jedoch darauf hin, dass auch bei den nationalen Wahlen die AKW-Politik eine wichtige Rolle spielen wird.
Aushängeschild Kazumi Inamura
Die Grünen Japans haben den einmaligen Vorteil, bezüglich der AKW-Politik eine reine Weste zu haben. Bereits vor Fukushima setzten sich ihre Leute aktiv für eine Energiepolitik ohne Atomstrom ein. Ihr Aushängeschild, Kazumi Inamura, die 38-jährige Grüne Bürgermeisterin der 460’000-Einwohner-Stadt Amagasaki, verwies bereits im Mai 2008 in einer Rede im brasilianischen Sao Paulo ausführlich auf die hohen Erdbebenrisiken und ihre Gefahren für die Atomkraftwerke in Japan hin (Asienspiegel berichtete). Damals hörte sie kaum jemand. Diese Zeiten sind jedoch vorbei.
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