Die Suche nach den Schuldigen
Der AKW-Unfall von Fukushima ist zweifellos die grösste Katastrophe der japanischen Nachkriegsgeschichte. Die Justiz scheint das bislang wenig gekümmert zu haben. Auch über 1 Jahr nach der Katastrophe hat sie sich noch damit befasst. Klagen wurden regelmässig ignoriert. Nun kommt jedoch Bewegung in die Sache.
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Die Staatsanwaltschaft hat erstmals Ermittlungen aufgenommen, in denen die Umstände der Krise genau geklärt werden sollen. Den Ausschlag für die Untersuchungen gaben verschiedene Strafanzeigen – darunter eine von 1324 Einwohnern aus der Präfektur Fukushima – und der Anfang Juli veröffentlichte Bericht der Parlaments, wonach die Katastrophe in menschlichem Versagen zu finden sei (Asienspiegel berichtete).
Über 20 Personen unter Beschuss
Im Zentrum der Ermittlungen stehen der AKW-Betreiber TEPCO und die staatliche Nukleare und Industrielle Aufsichtsbehörde, wie die Nikkei Shimbun berichtet. Gegen über 20 Personen aus diesen Kreisen richtet sich die Strafanzeige der Einwohner aus Fukushima.
Ihnen wird Fahrlässigkeit im Umgang mit der Katastrophe vorgeworfen. Sie hätten es trotz Warnungen verpasst, das AKW genügend vor einem gewaltigen Erdbeben und Tsunami zu schützen. Zudem hätten sie nach dem Unfall mit der Vorenthaltung zentraler Informationen die Bevölkerung radioaktiver Strahlung ausgesetzt. Dies habe schliesslich zu Verletzungen und zum Tod von evakuierten Personen geführt.
In einer weiteren Strafanzeige werden auch Vorwürfe gegen den damaligen Premierminister Naoto Kan erhoben, wie die Yomiuri Shimbun berichtet. Er habe nach dem Tsunami zu wenig schnell die Entlüftung des radioaktiven Dampfs angeordnet und damit die Wasserstoffexplosion mitverursacht, bei denen AKW-Arbeiter verletzt wurden.
Ärger in der Bevölkerung
Der Unmut in der japanischen Bevölkerung ist gross, dass bis heute niemand die Verantwortung für den immensen Schaden der AKW-Katastrophe übernommen und die Justiz sich lange davon ferngehalten hat.
Selbst der kritische Parlamentsbericht beschuldigt keine Person beim Namen. Er schreibt vielmehr von einem Versagen, das kulturelle Ursprünge hat. Eine Bemerkung, die stark kritisiert wurde (Asienspiegel berichtete). Dieses passive Verhalten des Staates hat dazu beigetragen, dass die Anti-Bewegung in Japan immer grösseren Zulauf erhält (Asienspiegel berichtete).
Schwierige Beweislage
Das bisherige Zögern der Staatsanwaltschaft hat jedoch seine Gründe, wie die Mainichi Shimbun berichtet. Es müsse der schwierige Beweis erbracht werden, dass die benannten Angeklagten die Sicherheitslücke und Naturgefahren für das AKW Fukushima klar vorausgesehen und trotzdem bewusst auf zusätzliche Sicherheitsmassnahmen verzichtet hätten.
Schliesslich müsse mit Fakten weiter begründet werden, dass die Verletzungen und Todesfällen bei der Evakuierung der Bevölkerung eine direkte Folge dieser Fahrlässigkeit sei.
Die Geschichte zeigt, dass dies keine einfach Aufgabe sein wird. In ähnlichen Fällen, in denen gegen die höchsten Verantwortungsträger ermittelt wurden, wie beim JAL-Flugzeugunglück von 1985 oder dem Zugunglück von 2005 in Osaka, blieb die Staatsanwaltschaft jeweils erfolglos.
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