Das Heiratsverbot
Wenn es um die Fortschritte bezüglich der Gleichstellung der Frau geht, schneidet Japan im internationalen Vergleich stets miserabel ab. Jährlich landet das ansonsten fortschrittliche und reiche Land in einer Bewertung des World Economic Forum auf den hinteren Rängen (Asienspiegel berichtete).
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Nicht nur im Wirtschaftsleben, sondern auch in gesetzlicher Hinsicht haben trotz modernster Verfassung einige archaische Ansichten bis heute überlebt. So heisst es im Artikel 733 des japanischen Zivilgesetzbuches, dass eine Frau erst 180 Tage nach einer Scheidung wieder heiraten dürfe. Für den Mann gilt solches jedoch nicht.
Die Idee dahinter
Ursprünglich wollten die Autoren mit diesen Gesetzesparagraphen verhindern, dass bei einer Schwangerschaft zwischen Scheidung und erneuter Heirat Unklarheiten bezüglich der Vaterschaft entstehen würden. Denn erst nach 6 Monaten sei bei einer Frau eine Schwangerschaft klar erkennbar, so die damalige Ansicht.
Der Artikel 772 klärt ausserdem einer Schwangerschaft zwischen Trennung und Neuvermählung. Demnach wird der geschiedene Ehemann immer noch als der legitime Vater angesehen, wenn die Frau weniger als 300 Tage nach der Scheidung ein Kind gebärt. Wenn die Frau jedoch ein Kind 200 Tage nach einer zweiten, neuen Heirat gebärt, wird automatisch der neue Ehemann als der anerkannter Vater angesehen.
Es sind Gesetze, die aus einer Zeit stammen, als es noch keine DNA-Tests zur Bestimmung der Vaterschaft gab. Entsprechen antiquiert wirken die Artikel 733 und 772.
Die gescheiterte Klage
So sah es auch eine Frau aus der Präfektur Okayama. Sie klagte gegen das Gesetz wegen Verstosses gegen die verfassungsmässig verankerte Gleichberechtigung, wie die lokale Sanyo Shimbun berichtet. Sie wollte nach ihrer Scheidung nicht 180 Tage auf ihre zweite Heirat warten. Die Klage verlangte zumindest eine Herabsetzung dieser Limite auf 100 Tage und eine Wiedergutmachung in der Höhe von 1,65 Millionen Yen (rund 15’800 Euro).
Okayamas Bezirksrichter Ryoji Yomori blieb jedoch hart und damit ganz auf der Linie der Verfasser des Gesetzes. Sollte es in dieser Zeit zu einer Schwangerschaft kommen, könne nur mit der 180-Tage-Regel Streitigkeiten über die Identität der Vaterschaft verhindert werden, so seine Begründung. Auch mit Einbezug der gesellschaftlichen Veränderungen erkenne er in diesem Gesetz keinen Verfassungsbruch.
Richter Yomori berief sich dabei auf ein Urteil des Verfassungsgerichtes von 1995. Seither sind 17 Jahre vergangen. Von der Möglichkeit eines DNA-Tests ist immer noch keine Rede.
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