Der rechte AKW-Gegner
Yoshinori Kobayashi ist kein Mann der sanften Töne. Mit nationalistisch gefärbten Comics hat sich der 59-jährige Autor und Manga-Künstler in Japan einen Namen gemacht. Es gibt kein politisch sensibles Thema, das er nicht öffentlich aufgegriffen hat. Mit einem Comic über den Zweiten Weltkrieg (jp. Senso-Ron) sorgte Kobayashi 1998 international für viel Empörung.
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Darin beschrieb Kobayashi den japanischen Feldzug im Zweiten Weltkrieg als Befreiung Asiens vom westlichen Imperialismus, das Nanking-Massaker als ein amerikanisch-chinesisches Propaganda-Instrument und die zur Prostitution gezwungenen koreanischen «Trostfrauen» als Freiwillige. Der 59-jährige wurde zum Sprachrohr von Japans Neo-Nationalisten.
Der Tabu-Brecher
Seine konservative Haltung legt er bis heute als Manga-Kolummnist regelmässig im Politmagazin SAPIO dar. Doch wirklich greifbar ist der 59-Jährige nicht. So sprach er sich 2005 dafür aus, dass auch eine Frau die Möglichkeit haben sollte, Kaiserin zu werden – ein Tabu für die Rechten.
Mit seinem neusten Buch mag Kobayashi abermals für Verwirrung unter seinen Anhängern gesorgt haben. Im Manga Datsu Genpatsu Ron (dt. Über den Atomausstieg) wird er zum unmissverständlichen Befürworter einer Energiewende. Bereits im Februar gab er sich in seiner SAPIO-Kolumne als Befürworter des Atomausstiegs.
Kritik an die AKW-Befürworter
Lange habe er an die guten Seiten der Atomkraft geglaubt. Der Unfall in Fukushima habe ihm zum Umdenken gezwungen. Japan bleibe keine andere Wahl als auszusteigen. Zu gross seien die Gefahren für die Nachwelt. Kobayashi selbst kritisiert die Rechten, die sich ohne nachzudenken noch immer der Atomenergie hingeben.
«Die Konservativen bezeichnen die Anti-AKW-Gegner als Landesverräter», bemerkt Kobayashi in einer Kolumne in der Tokyo Shimbun kritisch. Er selbst sei wegen seiner überraschenden Haltung als solcher bezeichnet worden.
Was ist konservativ?
Dabei seien es doch die Konservativen, die sich «den Schutz ihrer schönen Heimat» oder «die Sicherung des Wohlstands für die Nachkommen» auf die Fahne geschrieben hätten. Die Atomenergie ist jedoch für Kobayashi das Gegenteil von alle dem. Die AKW würde die schöne Heimat zerstören und «diese für die nächsten 100’000 Jahre mit radioaktiven Abfall verseuchen». Dies sei alles andere als eine konservative Haltung, wie er sie verstehe und unterstütze.
Die von Politikern und der Atombranche hervorgebrachten Argumente hält er für Propaganda. Sätze wie «ohne Atomstrom kommt es zum Strommangel», «ohne Atomstrom kommt es zur Rezession», «Atomstrom ist billig», «eine tiefe Strahlendosis ist unbedenklich für die Gesundheit» bezeichnet der 59-jährigen als glatte «Lügen».
Die Forderung nach der Abschaffung der AKW sei weder populistisch noch eine linke Ideologie. Diese würde auf rein logischen Argumenten basieren. Wer anderer Meinung sei, solle doch versuchen seine Argumente zu widerlegen, gibt sich Kobayashi selbst überzeugt.
Kans Zuspruch
Kobayashi hat mit seinem Buch für viel Wirbel gesorgt. Selbst Ex-Premierminister Naoto Kan schrieb über seinen Intim-Feind. «Kobayashis Haltung und meine weichen nicht selten voneinander ab. In seinem neuen Buch zum Atomausstieg kann ich jedoch zum Grossteil hinter seinen Argumenten stehen», schreibt Kan, der sich seit ein paar Monaten als entschlossener AKW-Gegner gibt, in seiner Kolumne auf Blogos.
Der AKW-Unfall habe 160’000 Menschen heimatlos gemacht. «Hätte sich die Katastrophe bis nach Tokio ausgeweitet, wären daraus 30 Millionen Flüchtlinge geworden.» Man müsse diesen Tatsachen in die Augen schauen, wenn man eine künftige Energiepolitik definieren wolle. Für einmal scheinen sich mit Naoto Kan und Yoshinori Kobayashi zwei politische Gegner einig zu sein.
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