Wie weiter, Atomenergie?
Mit der LDP hat die AKW-Partei schlechthin die gestrigen Wahlen gewonnen. Und dies, obwohl inzwischen 70 Prozent der Bevölkerung den Atomausstieg befürworten. Die neu entstandene Anti-AKW-Partei, Mirai no To, bleibt mit 9 Sitzgewinnen ohne Einfluss. Wie ist das zu erklären?
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Einerseits lag die Hauptsorge der Wähler bei den wirtschaftlichen Problemen. Gerade die jungen Japaner sorgen sich um ihre berufliche Zukunft. Die Probleme um Fukushima traten dabei weit in den Hintergrund. In diesem Zusammenhang ist die Parole der Atomlobby, «ohne AKW kein Wirtschaftswachstum», bei vielen auf fruchtbaren Boden gestossen.
Viel Geld, gutes Netzwerk
Andererseits benötigt eine national agierende Partei viel Geld und ein grosses Netzwerk. Die LDP hat seit Jahrzehnten beides (Asienspiegel berichtete). Nur sie kann innert kürzester Zeit im ganzen Land Kandidaten aufstellen und einen effektiven Wahlkampf bis ins Hinterland führen. In einem System, bei dem 300 von 480 Sitzen per Majorzwahl gewählt werden, ist dies essentiell. Der Aufbau einer solchen Partei dauert Jahre. Einzig die DPJ hatte annähernd so viele Kapazitäten. Doch die Regierungspartei wollte niemand mehr wählen. Es blieb einzig die LDP als valable Kandidatin.
Der inzwischen etablierte Anti-AKW-Bewegung ist es derweil nicht gelungen, politisch Fuss zu fassen. Sie ist eine lose organisierte Bewegung der Strasse geblieben. Es sind einzig Kleinparteien wie die Mirai no to, die Kommunistische Partei oder die Grünen, welche die Anti-AKW-Parolen übernommen haben.
Vage Aussagen
Die Grossparteien LDP und DPJ sind bei ihren Atomaussagen derweil stets vage geblieben. Die DPJ erklärte zwar bis 2040 aus der Atomenergie aussteigen zu wollen, um nur wenige Tage später davon Abstand zu nehmen (Asienspiegel berichtete).
Selbst die siegreiche LDP konnte sich der Anti-AKW-Stimmung nicht ganz entziehen. So sprach sie in ihrem Wahlmanifesto davon, die «Abhängigkeit» von der Nuklearenergie beenden zu wollen. Von einem Komplettausstieg war aber nie die Rede.
Vielmehr will die LDP die inzwischen 48 abgeschalteten AKW «innerhalb von 3 Jahren» wieder hochfahren. In den nächsten 10 Jahren peilt sie zudem «den besten Energiemix für Japan» an – ohne dabei konkret zu werden.
Kein Entscheid bis nächsten Juli
Immerhin möchte die LDP der neuen Nuklearen Regulierungsbehörde (NRA), die über die Sicherheit der einzelnen AKW zu entscheiden hat, «absolute Priorität» einräumen. Das würde zumindest bedeuten, dass bis im Juli keine weiteren AKW hochgefahren werden. Bis dann will die NRA die neuen Sicherheitsstandards formuliert haben und solange wird sie mit weiteren AKW-Kontrollen abwarten.
Der neue Premierminister Shinzo Abe hat zwar angedeutet, die Weiterentwicklung von Schnellbrütern sowie den Neubau von AKW zu bewilligen. Doch auch er wird bei seinen Entscheidungen bezüglich der Atomenergie Vorsicht walten lassen.
Zu gross sind die Sorgen und Ängste in den betroffenen Regionen und auch Abe wird wissen, dass seine Wahl nicht mit der Befürwortung der Atomenergie gleichzustellen ist. Sondern viel mehr damit, dass niemand mehr die DPJ wollte.
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