Der Barfuss-Marathon
In Hanno in der Präfektur Saitama nur unweit von Tokio macht seit letztem Jahr eine neue Sportart von sich reden: der Barfuss-Marathon (jap. Hadashi-Marathon). Hier sollen sich die Läufer wieder zu den kindlichen Freuden des Barfusslaufens zurückbesinnen, wie es Organisator Tsuyoshi Yoshino gegenüber der Asahi Shimbun ausdrückt. «Im Zeitalter von Schuheinlagen und dicken Fusspolstern, scheint es mir, dass wir genau dieses Gefühl verloren haben», erklärt er.
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Dabei muss der Teilnehmer nicht unbedingt barfuss laufen und eine Marathon-Strecke schon gar nicht. Mit oder ohne Schuhwerk, 5 oder 10 Kilometer über Asphalt und Naturboden, lauten die Kategorien. Ausserordentliche Lauffähigkeiten wie die des Äthiopiers Abebe Bikila, der 1960 den olympischen Marathon von Rom barfuss gewann, sind nicht notwendig. Einzig den Schmerz des Asphalts muss der Läufer ertragen können.
Minimalist Running
Das Konzept kommt an. 250 Läufer hatten am diesjährigen Lauf teilgenommen. Das sind 90 mehr als noch bei der letztjährigen Premiere. Nicht wenige Läufer ziehen bei diesem Rennen in Hanno die ultraleichten Fünfzehen-Schuhen vor, die der Philosophie des Barfusslaufens sehr nahe kommen: Kein Gewicht, kein aufwendig strukturierter Schaft, keine Fersenkissen und möglichst viel Flexibilität für die Füsse ist bei diesen speziellen Schuhwerken die Devise. Der Fuss soll wieder selber arbeiten.
Spätestens seit Christopher McDougalls Buch Born to Run hat sich diese Form des sogenannten Minimalist Running zu einer boomenden Sportart entwickelt. Über die Vor- und Nachteile streiten sich die Experten bis heute. Der Trend zu mehr Fussgefühl beim Laufen ist jedoch nicht aufzuhalten. Bereits heute machen die Minimalist-Schuhe rund 15 Prozent des Umsatzes im Laufschuhmarkt der USA aus, wie The Globe and Mail berichtet.
Japans Zehen-Tradition
Dass nun das Minimalist Running und damit auch der Barfuss-Marathon in Japan auf Anklang stösst, ist kein Zufall. Hier hat die Entwicklung von Schuhen mit mehr Barfussgefühl lange Tradition. So entwickelte bereits 1953 der japanische Laufschuh-Pionier Kihachiro Onitsuka einen ersten Zehenschuh für Langstreckenläufer (Asienspiegel berichtete).
Die Inspiration dazu bezog er vom traditionellen Jika-Tabi-Schuh für Handwerker und Bauarbeiter. Der von Bridgestone-Gründer Shojiro Ishibashi erfundene Arbeiterschuh zeichnet sich durch seine robuste Gummisohle sowie einem Zwischenraum zwischen dem grossen Zeh und den restlichen Zehen aus, der ein besseres Fussgefühl ermöglicht.
Aus dieser Idee des Zehensockens und -schuhs entstand schliesslich in den 1970er-Jahren der Fünfzehensocken, der heute noch in jedem Kleiderladen in Japan erhältlich ist. Der Trend des Minimalist Running mit seinen leichten Fünfzehen-Schuhen ist für die Japaner wie der nächste logische Schritt in dieser Entwicklung – und der Barfuss-Marathon von Hanno eine ideale Ergänzung.
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