Die heimliche Waffensammlung
Der 73-jährige Motoo Kira aus Kumamoto auf der Südinsel Kyushu ist ein grosser Fan von Western-Filmen. Speziell die Pistolen der Cowboys haben es ihm seit der Kindheit angetan. So begann er als Student selbst damit, harmlose Modellwaffen zu sammeln. 85 Stück hatten sich in den letzten 40 Jahren in seinem Haus angehäuft.
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Dies war Motoo Kira jedoch nicht genug. Alle diese baute er eigenhändig so um, dass sie nicht nur wie klassische Pistolen aussahen, sondern auch tatsächlich tödliche Schüsse abgeben konnten. «Ich wollte, dass sie möglichst dem Original nahe kommen», sagte er später dazu.
Die Verhaftung
In einigen Ländern wäre Motoo Kira, der Vorstandsvorsitzende einer wiederholt mit Preisen ausgezeichneten Natto-Produktionsfirma, wohl für seinen Erfinderreichtum gelobt worden. Doch in Japan steht der Besitz, ja nur schon das Tragen einer Waffe, unter Strafe.
Als die Polizei von Kiras Waffensammlung vernahm, unternahm sie im Februar eine Hausdurchsuchung, wie die Asahi Shimbun berichtet. Sie fand dabei nicht nur besagte 85 Schusswaffen, sondern auch 62 Kugeln und noch eine von Hand gemachte Schusstafel zum Üben. Kira wurde wegen Verstosses gegen das Gesetz zur Kontrolle von Schusswaffen und Schwertern verhaftet.
Es handelt sich um die höchste Anzahl an modifizierten Waffen, welche die japanische Polizei bei einer Einzelperson bislang vorgefunden hat.
Das strengste Waffengesetz
Japans Waffengesetz übertrifft von der Strenge her alle Waffengesetze in der westlichen Welt. Der Besitz von Schusswaffen ist generell untersagt. Einzig für Sportwaffen wird eine Ausnahme gemacht, doch deren Vorschriften wurden vor drei Jahren noch einmal verschärft (Asienspiegel berichtete).
Um eine solche erwerben zu können, muss der potentielle Käufer eine psychologisch Untersuchung durch einen qualifizierten Arzt über sich ergehen lassen. Zudem benötigt der Bewerber eines Waffenscheins die Einwilligung der Polizei, die das Strafregister des Betroffenen untersucht. Die Lizenz muss darüber hinaus alle 3 Jahre erneuert werden, indem man sich einem Trainingskurs unterzieht.
Der Besitzer ist auch gezwungen, seine Waffe in einem sicheren Tresor zu verschliessen, getrennt von der Munition. Der genaue Ort der Aufbewahrung muss der Polizei anhand einer Wohnungskarte mitgeteilt werden. Jeglicher Kauf von Munition muss der Waffenhändler bei der Polizei registrieren lassen.
Immer weniger Besitzer
Der Besitz einer Pistole oder eines Gewehrs ist seit 1971 komplett untersagt. Laut Polizeistatistik gab es 2011 in Japan 246’783 lizenzierte Schusswaffen, die 122’515 lizenzierte Besitzer gehören. Das ist bei einer Bevölkerung von rund 127 Millionen Einwohnern vergleichsweise wenig. Durch die ständigen Gesetzesverschärfungen der letzten Jahren wir die Zahl der Schusswaffen-Besitzer immer kleiner.
Das hat die positive Folge, dass in Japan die Zahl der Verbrechen mit Schusswaffen im Vergleich zu anderen industrialisierten Ländern ausserordentlich gering ist. Letztes Jahr gab es in Japan noch 45 Schiessereien, die acht Todesfälle zur Folge hatten. Bei einem Grossteil der Taten hatte die japanische Mafia, die Yakuza, ihre Hände im Spiel. Selbst Amoktaten, die in Japan nicht selten vorkommen, werden zumeist mit Messern oder anderen Waffen verübt.
Historische Abneigung
Die Abneigung gegenüber dem Besitz von Schusswaffen drückte sich erstmals Ende des 16. Jahrhunderts aus, als Toyotomi Hideyoshi – ein Feldherr, der zur Vereinigung des von Bürgerkrieg auseinander gerissenen Japans sorgte – im Jahre 1588 ein erstes Waffenverbot erliess. Einzig die Kriegerklasse der Samurai durfte noch Schwerter besitzen. Zuvor gab es noch eine kurze Blüte in der Entwicklung von Feuerwaffen, welche die Portugiesen Mitte des 16. Jahrhunderts nach Japan gebracht hatten.
Während der Edo-Zeit (1603−1868), als sich Japan von der Welt abschottete, unterlag die Waffenproduktion einem Staatsmonopol. Rund 15 Familien hielten das Handwerk in Japan während dieser Zeit am Leben. Die Kontrolle des Waffenhandels blieb selbst in der Zeit der Modernisierung und Militarisierung in den Händen des Staates. Selbst die Polizei im heutigen Japan scheut den Gebrauch von Schusswaffen. Der Polizeistock bleibt das bevorzugte Arbeitsgerät.
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