«Die Trostfrauen waren notwendig»
Toru Hashimoto, Osakas Bürgermeister und Co-Vorsitzender der neu im Parlament vertretenen Reformpartei, weiss mit seinem energischen Auftritten und seinen simplen Rezepten zu provozieren. In seiner typischen Manier riss er an einer Pressekonferenz die anhaltende Debatte um die Verbrechen Japans im Zweiten Weltkrieg an sich.
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Es sei eine Tragödie des Krieges, die sich nicht wiederholen dürfe, aber «die Trostfrauen waren zu jener Zeit notwendig, um die Ordnung in der Armee aufrechtzuerhalten», zitiert die Yomiuri Shimbun Hashimoto. Ausserdem sei Japan kein Einzelfall gewesen.
Der Begriff der Trostfrauen ist in Japan ein Euphemismus für die Frauen, die während des Zweiten Weltkriegs in den besetzten Gebieten von der japanischen Armee zur Prostitution gezwungen wurden. Schätzungsweise 200’000 Frauen in Korea und China waren davon betroffen. Die japanische Regierung tut sich bis heute schwer, dieses Kapitel zu thematisieren. Eine Mehrheit der noch lebenden Opfer wartet bis heute auf eine offizielle Anerkennung und Entschädigung für die begangenen Verbrechen.
Twitter-Flut
Einen Tag später verlieh Bürgermeister Hashimoto in einer Flut von mehr als einem Dutzend Tweets seinem Argument Nachdruck. «Es ist korrekt, dass die Armee Institutionen errichtete und die Frauen, die gegen ihren Willen Trostfrauen wurden, unter elenden Umständen leben mussten. Aber so etwas gab es auch in Armeen anderer Länder.»
«In Kriegen zerbrechen sich alle Armeen der Welt über das Problem der sexuellen Bedürfnisse ihrer Soldaten den Kopf», schrieb er in einem Tweet. Dies zu kontrollieren sei eine riesige Aufgabe für die Armee. Aber zu tun, als ob die Idee der Trostfrauen eine japanische Eigenart gewesen sei, sei schlichtweg falsch.
Die Methode der Konservativen
Hashimotos Argumente sind nichts Neues. Hinterfragen, verharmlosen, rechtfertigen und verallgemeinern – damit verärgern die Konservativen und Nationalisten Japans regelmässig die Nachbarländer Südkorea und China in der Debatte um die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs.
In seiner ersten Amtszeit 2007 meinte Shinzo Abe noch, dass es keine Beweise dafür gebe, dass damals Zwang auf Frauen ausgeübt worden sei. Nach heftiger Kritik aus dem Ausland folgte die Entschuldigung. Es ist übrigens ein Argument, dass auch Hashimoto schon verwendet hat.
Kritik aus Südkorea
Aus Südkorea folgte umgehen die Reaktion: «Der Missbrauch von Frauen in Kriegszeiten ist eine schwere Verletzung der international anerkannten Menschenrechte. Die Äusserungen von Hashimoto offenbaren einen Mangel an Verständnis für die Menschenrechte der Frauen», erklärte ein Pressesprecher der Regierung der Japan Times.
Bang Chung-ja von einer NGO in Osaka, die sich dem Thema der Trostfrauen angenommen hat, kritisierte in der Asahi Shimbun Hashimotos Argumentation aufs Schärfste: «Damit wird vorausgesetzt, dass Frauen und Sex in Kriegen einfach benutzt und nicht als Menschen Menschen angesehen werden.»
Auch Hong Lei, Sprecher im chinesischen Aussenministerium, äusserte sich laut der China Daily mit deutlichen Worten zur Angelegenheit: «Wir sind geschockt und empört über die Bemerkungen des japanischen Politikers, die schamlos die historische Gerechtigkeit und das Bewusstsein der Menschheit in Frage stellt.»
Der japanische Kabinettssekretär Yoshihide Suga wiederholte derweil den offiziellen Standpunkt der Regierung, nach dem die betroffenen Frauen ein unerträgliches Leid erfahren mussten.
Vorschlag an die US-Armee
Toru Hashimoto scheint die Kritik nicht zu stören. Für das US-Militär auf Okinawa, das sich wiederholt wegen Verbrechen ihrer Soldaten gegen die Lokalbevölkerung verantworten musste, hat er gar noch eine Empfehlung.
Einem höheren US-Militär soll er Anfang Mai auf Okinawa gesagt haben, dass dessen Soldaten doch mehr Gebrauch vom gesetzlich erlaubten Sexgewerbe in Japan machen sollten. Man müsse sich ja überlegen, wo diese Soldaten, die ständig in Extremsituationen geschickt würden, ihre Energie ablassen könnten. Aber die politische Korrektheit verbiete eine solche Diskussion, schrieb Hashimoto über Twitter.
Sein amerikanischer Gesprächspartner habe freundlich abgelehnt. Das Pentagon bezeichnete Hashimotos Vorschlag als lächerlich. Dass sich Osakas Bürgermeister international so einiges verspielt hat, steht ausser Frage. Es ist ausserdem zu bezweifeln, dass er mit solchen Bemerkungen die Gunst der weiblichen Wählerschaft für sich gewinnen wird.
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