Gar nicht «Cool Japan»
Manga, Anime, Games, J-Pop, Mode, Karaoke: Japans Popkultur hat sich in den letzten Jahrzehnten weltweit etabliert. Deren Export hat sich zu einem lukrativen Wirtschaftszweig entwickelt. Nebenbei trägt sie zum guten Image Japans bei. «Cool Japan» ist zum Überbegriff dieser Kultur geworden.
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Auch die Regierung hat den Trend erkannt. Seit ein paar Jahren fördert das Wirtschaftsministerium (METI) offiziell die Verbreitung von «Cool Japan» in der Welt. Wenn aber ausgerechnet eine nicht unbedingt als hip geltende staatliche Behörde mit einer Armee von Angestellten in Anzügen helfen möchte, dann ist das so eine Sache.
Ein auf Youtube hochgeladenes Promotionsvideo hat nun alle Befürchtungen bezüglich der kreativen Kompetenz der METI-Mitarbeiter übertroffen. Verwirrend-überladene Grafiken, eine schlechte Tonaufnahme, schreckliche Schriftzüge, und dies alle mit Beethoven 9. Symphonie unterlegt. «Cool Japan» ist weit weg.
Ein Internethype
Das Video, das für ein neues öffentlich-privates Partnerschaftsprogramm für «Cool Japan»-Projekte wirbt, ist derart tollpatschig produziert, dass es sich wiederum zu einem kleinen Internetphänomen in Japan entwickelt hat. In wenigen Wochen wurde das Video über 100’000 Mal angeklickt. Schafft das METI, aus etwas Uncoolem etwas Cooles zu machen?
Die beiden Produzenten des Videos, zwei junge Angestellte der Creative-Industries Division (!) des METI, sind offenbar angetan vom überraschenden Erfolg. Denn gewöhnlich generiert der hauseigenen Youtube-Kanal durchschnittlich 100 bis 200 Klicks. In nur zwei Wochen haben sie das Video in ihrer Freizeit mit Laptop und Powerpoint zusammengebastelt, ohne Budget vom METI, wie sie in einem Interview mit ITMedia betonen. Die Manga-Figur des Wirtschaftsministers Toshimitsu Motegi haben sie mit der Maus gezeichnet.
Ziel erreicht
«Am meisten Angst hatten wir, dass sich gar niemand das Video anschaut. Wir sind glücklich, dass es nun so zu einem Thema geworden ist», erklären die Macher, die beide Fans der Anime-Serie Neon Genesis Evangelion sind. Mit dem Video hätten sie einen neuen Ansatz verfolgt. Denn gewöhnlich würden die Pressemitteilungen des METI auf wenig Anklang stossen.
«Ich wollte es so machen, dass es beim Zuschauer gleich beim ersten Betrachten einen Eindruck hinterlässt.» Dieses Ziel haben sie zweifellos erreicht, auch wenn die Kommentare auf Twitter und anderen sozialen Medien nicht so ausfielen wie sie es sich gewünscht hätten. Die Kommentare seien heftig, bestätigen sie. Trotzdem sehen sie das Positive: «Das ist immer noch besser als gar nicht beachtet zu werden.»
Den Vorschlag der PR-Abteilung des METI, das Video doch besser wieder vom Internet zu nehmen, haben sie ausgeschlagen. Es sei doch darum gegangen, möglichst viele Leute auf ihre Sache aufmerksam zu machen. Dieses Ziel haben die beiden zweifellos erreicht. Aber so ganz sicher sind sich der Sache wohl doch nicht. Die Kommentar- und Bewertungsfunktion für das Youtube-Video wurden sicherheitshalber abgeschaltet.
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