Rauchen im Shinkansen
1964 war eine Reise im neu eröffneten Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen eine ungesunde Angelegenheit. In allen 12 Wagen wurde munter geraucht. Damals gehörte ein solches Angebot zum guten Ton.
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Erst 1976 wurde laut der Asahi Shimbun der erste Nichtraucherwagen eingeführt, was eher als Skurrilität denn als vernünftige Massnahme angesehen wurde. Erst eine Klage für mehr Passivraucher-Schutz in Zügen führte ab 1980 allmählich zu einem Umdenken.
Es bedurfte jedoch ganze 32 Jahre bis die Nichtraucherwagen die Raucherwagen im Hochgeschwindigkeitszug zwischen Tokio und Osaka zahlenmässig übertrafen. Heute darf in den neusten Zugtypen der Shikansen-Linie zwischen den beiden Metropolen nur noch in einem gut gelüfteten, engen Raucherraum im Stehen an der Zigarette gezogen werden.
Nur noch in den alten Shinkansen-Modellen gibt es noch wenige Raucherwagen, in denen die Unverbesserlichen ihren Platz finden. Derweil hat die Shinkansen-Linie, die in den Nordosten des Landes führt, schon längst sämtliche Raucherabteile abgeschafft.
Ein Raucherparadies
In Japan sind solche Massnahmen noch immer ein kleines Wunder. Denn das Land ist wohl eine der raucherfreundlichsten Nationen überhaupt. In Restaurants, Clubs, Bars und selbst Spitälern wird hier munter weitergepafft. Das Rauchen wird gar staatlich gefördert.
So besitzt das japanische Finanzministerium mit 50,2 Prozent einen Mehrheitsanteil am Grosskonzern Japan Tobacco, der weltweit 48’000 Menschen beschäftigt, Marken wie Winston, Mild Seven oder Camel produziert und jährlich Milliardenprofite generiert (Asienspiegel berichtete).
Hyogo und Kanagawa als Vorreiter
Einzig die Präfekturen Hyogo und Kanagawa versuchen seit Jahren ein umfassendes Rauchverbot durchzusetzen (Asienspiegel berichtete). Wirklich politisch durchführbar scheint jedoch einzig das Rauchverbot im Freien zu sein.
In vielen Vierteln der japanischen Grossstädte darf auf den Gehsteigen nur in vorgegeben Zonen an der Zigarette gezogen werden. Auch in den Bahnhöfen gibt es inzwischen klar gekennzeichnete Orte, wo das Rauchen erlaubt ist.
Das Rauchverbot im Maglev
So verwundert es nicht, dass JR Tokai, der Betreiber der noch zu bauenden Magnetschwebebahn zwischen Tokio und Nagoya, in einer Pressekonferenz offiziell mitteilen musste, dass in dieser neuen Generation von Zügen ein komplettes Rauchverbot herrschen wird.
Von Tokio nach Nagoya würde es mit dem sogenannten Maglev noch kurze 40 Minuten (heute sind es 90 Minuten) dauern, zitiert die Yomiuri Shimbun JR-Tokai-Präsident Yoshiomi Yamada und folgerte: «Ich denke, dass die Raucher sich solange gedulden können.»
Bereits haben Rauchervereinigungen Protest gegen diese Massnahme eingelegt. Doch auf eine Diskussion einlassen wird sich JR Tokai wohl kaum. So wird es noch bis 2027 dauern, bis die erste Magnetschwebebahn mit einer Spitzengeschwindigkeit von über 500 km/h ihren Betrieb aufnehmen wird. Es ist genügend Zeit, damit sich auch diese rauchenden Gemüter beruhigen werden.
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