Japans ewiger Soldat
Hiroo Onoda verstand es, auszuharren. Drei Jahrzehnte, weit über das Ende des Zweiten Weltkriegs hinaus, versteckte er sich als Soldat der japanischen Armee auf der philippinischen Insel Lubang und machte damals Schlagzeilen in aller Welt. Nun ist Japans ewiger Soldat im Alter von 91 Jahren gestorben.
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Im Alter von 17 arbeitete Hiroo Onoda bei einem japanischen Handelsunternehmen für Lackwaren in der damals besetzten chinesischen Stadt Hankou (heute: Wuhan). 1942 wurde er schliesslich in die Armee einberufen. Zwei Jahre später, im Alter von 22 Jahren, wurde Onoda als Geheimdienstoffizier nach Lubang beordert, wo er mit seiner Truppe die Aufgabe erhielt, den Hafen und Flugplatz bei einer allfälligen Einnahme durch die Alliierten zu zerstören.
Unter keinen Umständen war es ihm erlaubt, die Waffen niederzulegen. Seine Truppe sollte als letzte die Stellung halten. An diesen Befehl hielt er sich, 29 lange Jahre. Als die USA die Insel am 28. Februar 1945 eroberten, entschloss sich Onoda mit drei weiteren Soldaten, die überlebt hatten, in die Wälder zurückzuziehen. Auch wiederholte abgeworfene Flugblätter, welche über die Kapitulation Japans informierten, betrachtete Onoda als Hinterhalt. 1959 wurde Onoda für tot erklärt, nachdem Suchtrupps während Monaten vergeblich nach den vermissten Männern gesucht hatten. Selbst ein Begräbnis hatten die Eltern für ihn durchgeführt.
Das Treffen mit einem Hippie
Dieser hielt sich jedoch mit seinen Kollegen weiterhin im Dschungel versteckt, von wo sie ihren Guerillakrieg fortführten. 30 lokale Einwohner kamen in dieser Zeit ums Leben. Sporadisch kam es zu Schusswechseln. Mit Diebstählen hielten sie sich über Wasser. Obwohl Onoda anhand von vereinzelten Radio- und Zeitungsberichten über Japans Wiederaufbau informiert war, glaube er weiterhin, dass es sich dabei um einen Trick der US-Truppen handelte.
Onodas letzter Gefährte starb 1972 bei einer Schiesserei mit der Polizei. Im selben Jahr wurde ausserdem auf Guam der Soldat Yokoi Shoichi gefunden, der sich ebenfalls seit Kriegsende im Dschungel versteckt hielt. Diese Nachrichten weckten in Japan viel Interesse. Plötzlich musste angenommen werden, dass noch weitere Soldaten irgendwo in den ehemaligen besetzten Gebieten ausharrten.
Als 1974 der junge Japaner Norio Suzuki, ein Hippie auf Weltreise, auf Onoda stiess, bestätigte sich die Vermutung. Dieser gewann schnell das Vertrauen des Soldaten. Mit einem Foto des tot geglaubten Soldaten in der Hand benachrichtigte er die japanische Regierung. Onodas damaliger Vorgesetzter Yoshimi Taniguchi wurde ausfindig gemacht und nach Lubang geflogen, um seinen ehemaligen Untergebenen von seinen militärischen Pflichten zu befreien. Denn Onoda wollte nur auf die Worte seines Vorgesetzten hören.
Das Leben danach
Hiroo Onoda legte sein Gewehr und sein Schwert nieder und ergab sich. Vom damaligen philippinischen Präsident Fernando Marcos wurde er schliesslich begnadigt, was nicht überall auf Wohlwollen stiess. Onoda war damit aber nicht der letzte japanische Soldat des Zweiten Weltkrieges, der kapituliert hatte. Nur wenige Monate später wurde auf einer indonesischen Insel Teruo Nakamura gefunden, ein aus der damaligen Kolonie Taiwan stammender Soldat der japanischen Armee.
Onoda selbst wurde am 9. März 1974 im Alter von 51 Jahren nach Japan geflogen, wo seine überraschten Eltern ihn empfingen. Es war Japans Medienereignis des Jahren. Seine Loyalität und sein Durchhaltewillen machten ihn im Japan des Wirtschaftsbooms zu einem Helden. Seine kurz darauf publizierten Memoiren wurden zu einem Bestseller. Lange hielt es Onoda in seiner Heimat jedoch nicht aus. Japans Gesellschaft hatte sich seit Kriegsende grundlegend verändert, was ihm viel Mühe bereitete.
Er zog nach Südamerika, wo er sich in Brasilien eine Existenz als Rinderzüchter aufbaute. Später kehrte Onoda wieder für den grössten Teil des Jahres nach Japan zurück. In der Präfektur Fukushima gründete er eine Naturschule, wo er den Jugendlichen seine Erfahrungen im Überleben in der Wildnis weitergab. Ausserdem hielt er regelmässig Reden. In Japan war der Soldat bis an sein Lebensende äusserst populär.
So erlebte Onoda nach 30 Jahren Krieg doch noch 37 Jahren Friedenszeiten. Anfang Jahr wurde Onoda wegen einer Lungenentzündung ins Krankenhaus gebracht. Am 16. Januar starb er schliesslich im hohen Alter von 91 Jahren.
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