Der Shibuya-Crash-Test
Mit dem Blick aufs Smartphone durch die Gegend gehen: In Japan nennt man es Arukisumaho (ein Zusammenzug der Wörter «aruku» für »gehen» und «Smartphone»). Diese schlechte Angewohnheit hat schon einige in Schwierigkeiten gebracht.
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Erst letzten Sommer stürzte ein 10-jähriger Schüler, der mit seinem Handy beschäftigt war, vom Bahnsteig auf die Geleise. Noch bei Bewusstsein konnte sich der Junge in einen schützenden Zwischenraum retten (Asienspiegel berichtete).
Gerade in der Millionenmetropole Tokio gibt es unzählige stark frequentierte öffentliche Orte, die sich nur so für Arukisumaho-Unfälle anbieten. Einer davon ist die berühmte Shibuya-Kreuzung. Hier wird alle paar Minuten der Autoverkehr aus allen Richtungen gestoppt, um einer riesigen Menschenmasse die freie Strassenüberquerung zu ermöglichen. Das Prinzip der sogenannten Diagonalquere gilt inzwischen als effizientestes Mittel um möglichst viele Personen sicher und gleichzeitig auf die andere Strassenseite zu führen (Asienspiegel berichtete).
Was aber, wenn gleich 1500 Fussgänger, die alle ihren Blick aufs Smartphone richten, die Shibuya-Kreuzung überqueren? Dieses Experiment hat der japanische Telekomkonzern NTT Docomo anhand einer Computersimulation durchgeführt.
Es bleibt das Chaos
1500 virtuelle Fussgänger, die alle 160,3cm gross und 58,8 Kilo schwer sind, wurden in drei Gehgeschwindigkeiten gleichzeitig auf die Kreuzung losgelassen. Die Simulation ging zudem von einer Studie der Aichi University of Technology aus, wonach ein Arukisumaho-Fussgänger nur rund 1,5 Meter weit sieht.
Das Resultat des Experiments ist nach 46 Sekunden Grünphase ein einziges Chaos. Lediglich 547 von 1500 Fussgängern haben es rechtzeitig auf die andere Strassenseite geschafft. Ausserdem kam es zu 446 Zusammenstössen zwischen Passanten, 103 Fussgänger stürzten zu Boden und 21 liessen ihr Smartphone fallen.
«Arukisumaho ist gefährlich!», ist die simple Botschaft am Ende der Simulation von NTT Docomo. Die Kampagne scheint zu wirken. Das Video, welches am 27. März online gestellt wurde, zählt nach nicht einmal zwei Wochen schon über 1,8 Millionen Klicks.
Aufklärung, aber kein Verbot
In einigen Bahnhöfe von Tokio werden die Fahrgäste schon länger angehalten, die Nutzung des Smartphones auf ein Minimum zu reduzieren. Auf das neue Geschäftsjahr hin hat der Tokioter Bezirk Chiyoda an seinen Bahnhöfen sogar eine Aufklärungskampagne gestartet, wie NHK News berichtet. Doch trotz aller Bemühungen bleibt es einzig bei der Bitte. Letztendlich wird der Blick aufs Smartphone nur schwer zu verbieten sein.
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