Die Abbitte der Machos
Am Ende war der mediale und politische Druck zu gross. Akihiro Suzuki, Abgeordneter der Liberaldemokraten (LDP) im Tokioter Stadtparlament, hat zugegeben, mit einem sexistischen Zwischenruf die Rede der Abgeordneten Ayaka Shiomura (Asienspiegel berichtete) verunglimpft zu haben.
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Vor versammelter Presse entschuldigte er sich öffentlich und in aller Form bei der 34-jährigen Politikerin. Die Entschuldigung sei ein Fortschritt, auch wenn sie ein bisschen spät komme, meinte Shiomura. Die Politikerin der Your Party setzte sich in ihrer Rede für eine bessere staatliche Unterstützung der Frauen ein, um die anhaltend tiefe Geburtenrate im Land zu überwinden.
Suzuki gab zu, dass der Zwischenruf «Am besten heiratest Du ganz schnell!» von ihm kam. Für die weiteren sexistischen Äusserungen, wie «Kriegst Du etwas keine Kinder?», seien andere verantwortlich. Tatsächlich stammten die Zwischenrufe von mehreren LDP-Politikern, die im Parlament mit 59 von 127 Sitzen die grosse Mehrheit stellen.
Nicht der einzige Übeltäter
Öffentlichkeit entschuldigt hat sich jedoch erst der 51-jährige Suzuki, obwohl er zuerst jegliche Schuld von sich gewiesen hatte. Auch die Spitze der LDP-Abgeordneten zog zunächst in Zweifel, ob die Zwischenrufe aus ihren Reihen gekommen seien. Parlamentspräsident Toshiaki Yoshino, ebenfalls von der LDP, sagte es sei «technisch schwierig» herauszufinden, wer der Übeltäter gewesen sei. Shiomura hatte von ihm zuvor gefordert, Licht in die Affäre zu bringen (Asienspiegel berichtete).
In den letzten Tagen wurde der Druck jedoch zu gross für die LDP, welche mit Premierminister Shinzo Abe auf nationaler Ebene die Regierung stellt. Das Verhalten der Abgeordneten gegenüber der weiblichen Kollegin hat für viel Empörung gesorgt. In kürzester Zeit erhielt das Lokalparlament Tausende von Beschwerden aus der Bevölkerung.
Suzuki, der Sündenbock?
Auf der Internetseite change.org wurde per Online-Petition die Identifizierung und Bestrafung der verantwortlichen Abgeordneten gefordert. Über 80’000 Unterschriften kamen so zusammen. Schliesslich forderte auch LDP-Generalsekretär Shigeru Ishiba laut der Asahi Shimbun, dass die Verantwortlichen sich schnell entschuldigen sollten.
Mit Akihiro Suzuki ist zumindest ein Abgeordneter dieser Forderung nachgekommen. Es ist gut möglich, dass es bei ihm bleibt. Suzuki, der seit 2007 im Parlament sitzt, würde damit zum alleinigen Sündenbock, um die anderen, womöglich höher gestellten Mitverantwortlichen zu decken. Suzuki als Bauernopfer – es wäre eine Abbitte mit bitterem Nachgeschmack. «Es war nicht nur Suzuki. So beendet man eine Angelegenheit nicht», zitiert die Tokyo Shimbun eine enttäuschte Shiomura.
Suzuki hat nach seiner Entschuldigung angeboten, aus der LDP-Fraktion auszutreten. Als unabhängiger Abgeordneter will er jedoch weitermachen, wie die Yomiuri Shimbun berichtet. Die Opposition kritisiert dieses Verhalten. Damit sei das Problem nicht gelöst. Suzuki solle sich vor dem gesamten Parlament entschuldigen, fordern die Kommunisten. Shiomuras Your Party will mit einem Antrag dafür sorgen, dass es künftig nicht mehr zu solchen Zwischenrufen kommt.
Schaden für Abes Politik
Für Premierminister Shinzo Abe kommt dieser internationale Skandal aus den eigenen Reihen zu keinem guten Zeitpunkt. Um der Wirtschaft wieder zu nachhaltigem Wachstum zu verhelfen, setzt er auf die Frauen. Mehr staatliche Kindertagesstätten, die Möglichkeit, Nannys anzustellen und die Förderung von Frauen in Kaderpositionen, sind seine Vorschläge (Asienspiegel berichtete), die auch Ayaka Shiomura unterschreiben würde.
Für einen Konservativen wie Shinzo Abe sind es kühne Ansätze. Doch ausgerechnet die Macho-Anfälle aus den eigenen Reihen schaden der Glaubwürdigkeit dieser Politik.
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