Kli­ma­an­la­ge? Nein danke!

Ein Schulzimmer in Japan.
Ein Schul­zim­mer in Japan. Foto: flickr/​aja­ri

Zahl­rei­che öffent­li­che Schu­len und Uni­ver­si­tä­ten in Japan wur­den infol­ge des Baby­booms in den 50er- und 60er-Jah­ren gebaut. Heu­te sind vie­le die­ser unschö­nen Beton­bau­ten hoff­nungs­los ver­al­tet, aus­ser­dem fehlt es nicht sel­ten an einer moder­nen Infra­struk­tur. Wäh­rend Jahr­zehn­ten war es ganz nor­mal, dass es in sol­chen Schu­len kei­ne Kli­ma­an­la­gen gab. Wenn, dann genüg­ten die bil­li­ge­ren und spar­sa­me­ren Ven­ti­la­to­ren. Das ging in den alten Tagen ganz gut.

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Doch die Zei­ten und beson­ders das Wet­ter haben sich geän­dert. In Japan wer­den die Som­mer immer heis­ser. Die «Mana­tsubi», die Tage an denen die Tem­pe­ra­tu­ren über 30 Grad stei­gen, wer­den zuneh­mend zur Nor­ma­li­tät und sie fan­gen immer frü­her an. Auf der sonst kli­ma­tisch eher küh­len Insel Hok­kai­do wur­de Anfang Juni ein neu­er Rekord­wert von 37,8 Grad gemes­sen. Sol­che Tem­pe­ra­tu­ren sind kein Zufall, son­dern die Kon­se­quenz der glo­ba­len Erwär­mung. In Tokio, wo es ohne­hin schon wär­mer ist als auf dem Land, rech­nen die Exper­ten mit einem ste­ti­gen Anstieg der «Mana­tsubi» (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Für die Schü­ler, die ohne Kli­ma­an­la­ge den Unter­richt absit­zen müs­sen, sind die­se Som­mer­mo­na­te kein Ver­gnü­gen. Es ist sti­ckig und heiss, an ein kon­zen­trier­tes Zuhö­ren in den Schul­uni­for­men bei über 30 Grad ist für vie­le gar nicht mög­lich. So ver­wun­dert es nicht, dass immer mehr Leh­rer wie auch die Eltern der Schü­ler Kli­ma­an­la­gen in den Schul­zim­mer for­dern. Die Pri­vat­schu­len hät­ten es schon längst vor­ge­macht. In vie­len Fäl­len wird ihrer For­de­rung nach­ge­kom­men. In den letz­ten Jah­ren wur­de in vie­len öffent­li­chen Schu­len auf­ge­rüs­tet, beson­ders im Gross­raum Tokio.

Die Städ­te rüs­ten auf

So hat bei­spiels­wei­se die Klein­stadt Oke­ga­wa in der Prä­fek­tur Saita­ma alle ihre 11 Grund- und Mit­tel­schu­len mit Kli­ma­an­la­gen aus­ge­rüs­tet, wie die Saita­ma Shim­bun berich­tet. Das Lokal­par­la­ment hat­te dem Anlie­gen zuge­stimmt. Finan­ziert wer­den die Kos­ten von 533 Mil­lio­nen Yen (3,8 Mio Euro) über einen 10-jäh­ri­gen Leasingvertrag.

Um Strom zu spa­ren wird vor­nehm­lich erst ab 30 Grad Zim­mer­tem­pe­ra­tur die Kli­ma­an­la­ge benutzt. Oke­ga­wa rech­net mit 9 Mil­lio­nen Yen (65’000 Euro) Strom­kos­ten pro Jahr. Ande­re Städ­te haben eben­falls aufgerüstet.

Eine Stadt geht ande­re Wege

Auch in Chi­ba, der Haupt­stadt der gleich­na­mi­gen Prä­fek­tur, gab es im Lokal­par­la­ment einen ähn­li­chen Vor­stoss, zumin­dest in den öffent­li­chen Grund- und Mit­tel­schu­len Kli­ma­an­la­gen zu instal­lie­ren. Doch in die­sem Fall wur­de das Anlie­gen von einer gros­sen Mehr­heit der Abge­ord­ne­ten ver­wor­fen, wie die Asahi Shim­bun berich­tet. Ein­zig die Kom­mu­nis­ten sol­len dem Anlie­gen zuge­stimmt haben.

Eine Begrün­dung der Geg­ner war, dass man die bud­ge­tier­ten Kos­ten von rund 7,6 Mil­li­ar­den Yen (54 Mio Euro) doch lie­ber in ande­re drin­gen­de­re Reno­va­ti­ons­ar­bei­ten für die 175 Schu­len inves­tie­ren sol­le, wie bei­spiels­wei­se die Erneue­rung der Toi­let­ten. Noch viel schwe­rer wog jedoch das Argu­ment, dass sich die Schü­ler bes­ser an die­ses heis­se Kli­ma gewöh­nen sol­len. Die Hit­ze här­te sie ab und mache sie anpas­sungs­fä­hi­ger, das kön­ne ihnen nur gut tun, mein­ten die Politiker.

Frü­her war es…..

Gera­de die älte­re Gene­ra­ti­on beruft sich ger­ne auf die Tat­sa­che, dass sie selbst ganz gut ohne Kli­ma­an­la­ge die Schu­le über­stan­den hät­ten. Aus­ser­dem sei es ohne­hin unge­sund und ver­schwen­de­risch die­se Gerä­te zu benut­zen. Sie mögen nicht ganz unrecht haben, bei der Argu­men­ta­ti­on geht jedoch ger­ne ver­ges­sen, dass die som­mer­li­chen Tem­pe­ra­tu­ren vor 40 Jah­ren übers Gan­ze gese­hen noch wesent­lich ange­neh­mer waren, wie Stu­di­en bele­gen.

Dass es in den kom­men­den Jah­ren in den Schul­zim­mern von Chi­ba und ande­ren Städ­ten Japans heiss blei­ben wird, hat mit der Lebens­ein­stel­lung der alten Gar­de zu tun. Mit der Hit­ze leben müs­sen die Schüler.

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