Abe legt die Ver­fas­sung neu aus

Demonstration gegen die Neuauslegung der Verfassung.
Demons­tra­ti­on gegen die Neu­aus­le­gung der Ver­fas­sung. Foto: twitter/@masanoatsuko

Die Regie­rung Abe hat laut der Asahi Shim­bun ent­schie­den, die Ver­fas­sung so aus­zu­le­gen, dass Japan künf­tig das Recht auf kol­lek­ti­ve Selbst­ver­tei­di­gung anwen­den darf, obwohl der Kriegs­ver­zichts­ar­ti­kel 9 ande­res sug­ge­riert (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Der Ent­scheid der Regie­rung gibt Japan die Mög­lich­keit, künf­tig bei inter­na­tio­na­len Mili­tär­ein­sät­zen, wel­che durch die UNO erlaubt wur­den, teilzunehmen.

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Damit will Abe das Land «dem ver­än­der­ten inter­na­tio­na­len Umfeld» anpas­sen, wie es heisst. Kon­kret geht es ihm dar­um, die Sicher­heits­al­li­anz mit den USA zu stär­ken, um bes­ser auf die zuneh­men­den Span­nun­gen in der Regi­on, ins­be­son­de­re mit Chi­na, reagie­ren zu kön­nen. Der Ent­scheid gilt als his­to­risch, ändert er doch einen Grund­pfei­ler der japa­ni­schen Sicher­heits­po­li­tik der Nachkriegszeit. 

Der ein­fa­che Weg

Die Oppo­si­ti­on wirft der Regie­rung Abe vor, einen Grund­satz­ent­scheid bezüg­lich der Ver­fas­sung gefällt zu haben, ohne die­sen dem Par­la­ment und der Bevöl­ke­rung vor­ge­legt zu haben. Die Regie­rung habe kei­nen natio­na­len Dia­log füh­ren wol­len. Weil die Hür­de für eine Ver­fas­sungs­än­de­rung in Japan selbst für die Regie­rungs­mehr­heit von Abe sehr hoch ist (Asi­en­spie­gel berich­te­te) – es braucht eine Zwei­drit­tel­mehr­heit in bei­den Häu­sern plus ein natio­na­les Refe­ren­dum – hat er sich für den ein­fa­che­ren Weg der Neu­aus­le­gung der Ver­fas­sung entschieden.

Ein­zig der Koali­ti­ons­part­ne­rin New Kom­ei­to, wel­che eben­falls den staat­lich ver­ord­ne­ten Pazi­fis­mus hoch­hält, ist Abe ent­ge­gen­ge­kom­men. Dem­nach sol­len Japans Streit­kräf­te ihren Alli­ier­ten nur dann zu Hil­fe eilen, wenn der Insel­staat selbst unmit­tel­bar in sei­ner Exis­tenz bedroht wird und das Recht der Japa­ner auf Frei­heit und deren Stre­ben nach Glück in Gefahr ist. Exper­ten hal­ten dies jedoch mehr für Kos­me­tik. Die mit der New Kom­ei­to aus­ge­han­del­ten Bedin­gun­gen ent­hiel­ten zu viel Interpretationsspielraum. 

Bereits in den 1950er-Jah­ren ging die Regie­rung ähn­lich vor. Damals wur­de mit der Begrün­dung, dass jedes Land ein Recht auf Selbst­ver­tei­di­gung habe, die japa­ni­schen «Selbst­ver­tei­di­gungs­kräf­te» ins Leben geru­fen. Weil der Ver­fas­sungs­ar­ti­kel 9 expli­zit den Unter­halt einer Armee jedoch ver­bie­tet, ver­zich­tet man bis heu­te bewusst auf die Ver­wen­dung des Wor­tes «Armee».

Die unver­än­der­te Friedensverfassung

Von der dama­li­gen ame­ri­ka­ni­schen Besat­zung 1947 for­mu­liert, ist die japa­ni­sche Ver­fas­sung bis heu­te unver­än­dert geblie­ben. Die Frie­dens­ver­fas­sung geniesst in der Bevöl­ke­rung viel Unter­stüt­zung (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Doch Shin­zo Abe ist das Geset­zes­werk schon lan­ge ein in Dorn im Auge. Er wünscht sich eine Ver­fas­sung ohne den Kriegs­ver­zichts­ar­ti­kel 9 und mit einem Arti­kel, der den Ten­no nicht zum bedeu­tungs­lo­sen Sym­bol, son­dern zum Staats­ober­haupt erklärt (Asi­en­spie­gel berich­te­te) .

Wider­stand in der Bevölkerung

Mit der Neu­aus­le­gung hat er einen Schritt in die­se Rich­tung getan, wer­fen ihm sei­ne Kri­ti­ker vor. Und die­se Men­schen wer­de immer zahl­rei­cher. In der Nacht vor dem Regie­rungs­ent­scheid kam es vor dem Sitz des Pre­mier­mi­nis­ters in Tokio zu gros­sen Demonstrationen.

Rund 10’000 Per­so­nen nah­men teil. Die Furcht in der Bevöl­ke­rung, dass Japan künf­tig wie­der in Krie­ge ver­wi­ckelt wird, ist gross. Erst am Sams­tag hat­te sich ein älte­rer Mann aus Pro­test auf einer Brü­cke in Shin­juku selbst­ver­brannt (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Abe Zustim­mungs­ra­te leidet

Laut einer Umfra­ge von Kyo­do News sind 55,4 Pro­zent der Japa­ner gegen das Recht auf kol­lek­ti­ve Selbst­ver­tei­di­gung ihres Lan­des. Gar 57,7 Pro­zent hal­ten die Metho­de, die Ver­fas­sung neu zu inter­pre­tie­ren, für falsch. 62,1 Pro­zent fürch­ten sich vor den Kon­se­quen­zen einer Neuauslegung.

Shin­zo Abes Zustim­mungs­ra­te ist durch die Kon­tro­ver­se auf 52,1 Pro­zent gesun­ken. Das ist der zweit­nied­rigs­te Wert seit sei­nem Amts­an­tritt. Nichts­des­to­trotz bleibt es für einen japa­ni­schen Pre­mier­mi­nis­ter immer noch eine ver­gleichs­wei­se hohe Zustimmung. 

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