Eine Sze­ne­rie wie 2011

Rettungskräfte tragen eine Leiche weg.
Ret­tungs­kräf­te tra­gen eine Lei­che weg. Foto: Masa­shi Kato, 23. August 2014

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Am 20. August fiel in Hiro­shi­ma wäh­rend drei Stun­den so viel Regen wie gewöhn­lich in einem Monat. Die Fol­ge waren ver­hee­ren­de Schlamm­la­wi­nen in den hüge­li­gen Wohn­ge­bie­ten der Stadt. Unzäh­li­ge Häu­ser wur­den mit­ge­ris­sen. Min­des­tens 71 Men­schen sind bei die­ser Tra­gö­die gestor­ben, 11 Men­schen wer­den noch vermisst.

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Es ist der 23. August, als ich im Bezirk Asa­mi­n­a­mi in Hiro­shi­ma ankom­me. Der Ort, der rund 30 Minu­ten vom Stadt­zen­trum ent­fernt liegt, wur­de beson­ders stark getrof­fen. Die Stras­sen sind durch min­des­tens 30 Zen­ti­me­ter tie­fen Schlamm bedeckt, der an den Schu­hen hart­nä­ckig kle­ben bleibt. Die Ret­tungs­kräf­te kom­men kaum vor­wärts. Frei­wil­li­ge haben der­weil begon­nen, den Dreck aus den Häu­sern zu schaufeln.

Durch die Son­nen­ein­strah­lung ist aus dem Schlamm teil­wei­se Sand gewor­den, der so stark durch die Gegend weht, dass wir gezwun­gen sind, eine Schutz­mas­ke zu tra­gen. «Der Regen war so hef­tig und der Don­ner so laut. Wir konn­ten damals nichts hören. Erst als wir das Fens­ter öff­ne­ten, sahen wir die Schlamm­la­wi­ne», erin­nert sich eine Anwoh­ne­rin. «Das hat es hier noch nie gegeben.»

Eine Lei­che wird geborgen

Die meis­ten Häu­ser auf dem Hügel sind durch den Erd­rutsch zer­stört, aus­ein­an­der gefal­len oder ein­ge­sun­ken. Die Schlamm­la­wi­ne hat alles aus dem Weg geräumt. Die Häu­ser sind von Schlamm, Stei­nen und Bäu­men bedeckt. Über­all zer­streut lie­gen Fami­li­en­al­ben, Bücher und Möbel. Die Such­ak­ti­on nach Ver­miss­ten ist 72 Stun­den nach der Kata­stro­phe zu einer Suche nach Toten gewor­den. Über­le­ben­de sind kei­ne mehr zu finden.

Am spä­ten Nach­mit­tag fin­den die Feu­er­wehr­leu­te eine Lei­che. Als die­se aus den Schlamm­mas­sen gebor­gen wird, wer­den die Arbei­ten kurz­zei­tig ange­hal­ten. Still wird beob­ach­tet, wie die Lei­che weg­ge­tra­gen wird. Die Sze­ne­rie erin­nert mich an Momen­te, wie ich sie nach dem Tsu­na­mi vom 11. März 2011 im Nord­os­ten Japans erlebt habe.

Regen, Regen, Regen

Am Tag dar­auf keh­re ich noch ein­mal zurück nach Asa­mi­n­a­mi. Durch den star­ken Regen in der Nacht muss­ten die Ret­tungs­kräf­te ihre Arbeit ein­stel­len. Um 10 Uhr wird die Suche schliess­lich fort­ge­setzt. Eine Grup­pe Ein­hei­mi­scher sucht das Gebiet nach per­sön­li­chen Objek­ten ab. Der stän­di­ge Regen erschwert die Arbeit.

Wäh­rend des Tages hält der Regen an und wird am Nach­mit­tag sogar noch stär­ker. Schwe­re Maschi­nen der Selbst­ver­tei­di­gungs­trup­pen machen sich dar­an, den Schutt auf der Stras­se weg­zu­räu­men. Tie­fer Schlamm, gros­se Stei­ne und Bäu­me ste­hen ihnen im Weg. Weil aber nicht klar ist, ob die­se Gegend schon von Ret­tungs­kräf­ten abge­sucht wur­de, kön­nen sie die Maschi­nen vor­läu­fig nicht einsetzen.

«Noch nie so etwas erlebt»

Am sel­ben Abend keh­re ich nach Tokio zurück. Der Taxi­fah­rer erklärt mir, dass es die­sen August nur weni­ge Tage mit Son­nen­schein und viel zu vie­le mit Regen gab. «Solch ein Wet­ter habe ich noch nie erlebt», sagt er zu mir. Am Flug­ha­fen erfah­re ich den Fern­seh­nach­rich­ten berich­ten, dass die Wet­ter­be­hör­de wie­der eine Erd­rut­sch­war­nung her­aus­ge­ge­ben hat.

Am 27. August wer­den laut der Asahi Shim­bun 71 Tote bestä­tigt. 11 wer­den noch immer ver­misst. 1282 Per­so­nen sind gezwun­gen in ein einer Schu­le zu leben, die als Zufluchts­stät­te dient. Noch immer gilt eine erhöh­te Warn­stu­fe für 60’000 Haushalte.

Masa­shi Kato hat Jour­na­lis­mus an der Uni­ver­si­tät Mus­kingum in Ohio, USA stu­diert. Er ist seit 2006 als Foto­jour­na­list und Fern­seh­ka­me­ra­mann tätig. Kato hat unter ande­rem über die US-Prä­si­dent­schafts­wah­len 2008, die Erd­be­ben- und Tsu­na­mi-Kata­stro­phe 2011 in Japan sowie über die Unru­hen in Ägyp­ten 2013 berich­tet. Zwi­schen 2010 und 2012 war er als Pro­duk­ti­ons­as­sis­tent und Kame­ra­mann für die Nach­rich­ten­agen­tur Jiji tätig. Heu­te arbei­tet er für ein japa­ni­sches Nachrichtenhaus.

Strassen im Schlamm.
Stras­sen im Schlamm. Foto: Masa­shi Kato, 23. August 2014
Aufräumarbeiten in Asaminami.
Auf­räum­ar­bei­ten in Asa­mi­n­a­mi. Foto: Masa­shi Kato, 23. August 2014
Vom Erdrutsch weggeschwemmt.
Vom Erd­rutsch weg­ge­schwemmt. Foto: Masa­shi Kato, 23. August 2014
Mit den Füssen im Dreck.
Mit den Füs­sen im Dreck. Foto: Masa­shi Kato, 23. August 2014
Autos stecken im Schlamm fest.
Autos ste­cken im Schlamm fest. Foto: Masahi Kato, 23. August 2014
Der feine Sand in der Luft erschwert das Atmen.
Der fei­ne Sand in der Luft erschwert das Atmen. Foto: Masa­shi Kato, 23. August 2014
Freiwillige und Einheimische packen an.
Frei­wil­li­ge und Ein­hei­mi­sche packen an. Foto: Masahi Kato, 23. August 2014
Vom Schlamm bedeckt.
Vom Schlamm bedeckt. Foto: Masa­shi Kato, 23. August 2014
Der ständige Regen erschwert die Arbeit.
Der stän­di­ge Regen erschwert die Arbeit. Foto: Masa­shi Kato, 24. August 2014
Die Selbstverteidigungstruppen im Einsatz.
Die Selbst­ver­tei­di­gungs­trup­pen im Ein­satz. Foto: Masa­shi Kato, 24. August 2014
Familienbesitz vor einem zerstörten Haus.
Fami­li­en­be­sitz vor einem zer­stör­ten Haus. Foto: Masa­shi Kato, 24. August 2014
Auf der Suche nach persönlichen Gegenständen.
Auf der Suche nach per­sön­li­chen Gegen­stän­den. Foto: Masa­shi Kato, 24. August 2014
Die Zeit ist stehengeblieben.
Die Zeit ist ste­hen­ge­blie­ben. Foto: Masa­shi Kato, 24. August 2014
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