Boxkunst, die Liebe und New York
Ushio Shinohara gehörte einst die Zukunft. In den 1960ern war er der Star der japanischen Neo-Dada-Bewegung. Man nannte ihn auch den Warhol Japans. Seine Action-Paintings machte ihn zum gefragten Avantgarde-Künstler. Die Medien und Kunstexperten waren voll des Lobes. New York sollte schliesslich das Sprungbrett zum internationalen Ruhm werden.
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Doch wie bei so vielen aufstrebenden Künstlern blieb der ganz grosse Erfolg aus. Statt ein gefeierter Star wurde Ushio zum ewigen «Struggling Artist», dessen «Box-Kunst» und Motorrad-Skulpturen zwar sehr geschätzt und regelmässig ausgestellt werden, sich aber mehr schlecht als recht verkaufen. Trotz allem hat Ushio seine Hoffnung auf den grossen Wurf nicht aufgegeben. Auch mit 80 Jahren hat er nichts von seiner unbändigen, rauen Energie verloren.
Ushios Liebe und Stütze
Doch Ushio Shinohara wäre nichts ohne seine Frau Noriko, die 1973 als junge Kunststudentin nach New York zog, wo sie den 21 Jahre älteren Ushio kennenlernte, von ihm schwanger wurde und ihn gegen den Willen ihrer Eltern heiratete. Über 40 Jahre hat Noriko zusammen mit Ushio alle Hochs und Tiefs mitgemacht, in einer nicht immer einfachen Beziehung, die Noriko mit «zwei Blumen in einem Topf, für die es nicht genug Platz gibt» beschreibt. Alkoholismus, Verzweiflung, aber auch Humor und Kreativität sind die Konstanten im Leben der beiden.
Für Ushio ist Noriko nicht nur Lebenspartnerin, sondern auch eine wichtige Assistentin und Stütze bei seiner Arbeit. «Der Durchschnittliche muss das Genie unterstützen», meint er, der heute wie wild an seinem künstlerischen Vermächtnis arbeitet. Doch die 60-jährige Noriko tritt langsam aber sicher aus dem langen Schatten ihres Mannes heraus. Mit liebevollen Comic-Illustrationen hat sie das Leben der nicht immer einfachen Künstlerbeziehung mit Sensibilität und Humor festgehalten.
Eine einzigartige Doku
Noriko wird so zu Erzählerin des Dokumentarfilms Cutie and the Boxer, der einem die Geschichte der Shinoharas authentisch und ungefiltert nahe bringt. Filmemacher Zachary Heinzerling hat ein einzigartiges, intimes Porträt über den entbehrungsreichen Künstleralltag erschaffen. Noch viel mehr aber ist ihm mit Cutie and the Boxer eine Geschichte über die Liebe zweier Menschen gelungen, die trotz aller Schwierigkeiten nie die gegenseitige Zuneigung und den Humor verloren haben. Und genau hier liegt die Stärke dieses Dokumentarfilms.
Heinzerling führt mit viel Feingefühl in die Welt von Ushio und Noriko, der man sich als Zuschauer nach nur wenigen Minuten nicht mehr entziehen will. Cutie and the Boxer wurde in den USA zu einem Überraschungserfolg und dieses Jahr sogar mit einer Oscar-Nominierung belohnt. So ist es höchste Zeit, dass diese Doku auch in der Schweiz gezeigt wird – am Sonntag, 19. Oktober um 13 Uhr im Alternativkino.
Cutie and the Boxer wird am 23. Oktober um 17:30 Uhr im Alternativkino noch einmal gezeigt. Wir bitten Sie, die Tickets über diese Website im Voraus zu kaufen. Einzig die Einnahmen des Vorverkaufs garantieren die Durchführung dieses Kinokulturprojekts, das keine Fördergelder bezieht.
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