Tanzen bei Licht
Die strengen Restriktionen für die Tanz-Clubs in den japanischen Städte könnten schon bald fallen. Dies hat die Regierung beschlossen. In Japan fällt bislang jede Lokalität, die Tanz anbietet, seit 1948 unter das Fueiho-Gesetz (Unterhaltungsgewerbe-Gesetz) und wird somit gleich behandelt wie ein Cabaret, ein Host-Club oder ein Massage-Salon.
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Dies hat zur Folge, dass in Japan eine ganz normale Disco, wo DJs auflegen, eine Lizenz benötigt. Um eine solche zu erhalten, müssen unzählige bauliche Vorgaben eingehalten werden und um Mitternacht muss Schluss sein. Ausserdem untersagt das Fueiho-Gesetz jeglichen Tanz, der «zum Zerfall der sexuellen Sitten» führen könnte, ohne dies genauer zu definieren.
Der neue Gesetzesentwurf
Es handelt sich um Vorgaben, die kein moderner Club einhalten kann. So kam es, dass die meisten Clubs in Japan die Tanz-Bewilligung gar nicht einholten. Die Polizei drückte jahrelang ein Auge zu. Lärmklagen und vereinzelte Gewalttaten in der Szene haben jedoch dazu geführt, dass die Behörden das Gesetz wieder anwenden, was in Tokio und Osaka zu einem Club-Sterben geführt hat (Asienspiegel berichtete).
Seit einiger Zeit hat auch die Regierung erkannt, dass diese Vorgehensweise gerade hinsichtlich der Sommerspiele 2020 in Tokio kontraproduktiv ist (Asienspiegel berichtete). Nun hat sie einem Gesetzesentwurf zugestimmt, der der Rechtsunsicherheit ein Ende setzen soll, wie NHK News berichtet.
Das Licht entscheidet
Demnach soll künftig nicht der Tanz, sondern das Licht über eine Bewilligung entscheiden. Konkret bedeutet dies, dass ein Besitzer, der seinen Club mit einer Beleuchtungsstärke von 10 Lux oder mehr betreibt, nicht mehr unter das Fueiho-Gesetz fallen würde. Auch alle Säle für Tanzunterrichte würden gänzlich aus dem Fueiho-Gesetz fallen. 10 Lux entspricht etwas der Lichtstärke während einer Pause in einem Kino.
Schliesst ein Club, der die neuen Lichtbedingungen erfüllt, bis spätestens Mitternacht würde er als Restaurant deklariert. Sollte er bis in die Morgenstunden offen haben, wäre noch eine Lizenz von der lokalen Behörde notwendig. Der Tanz würde bei der Beurteilung aber komplett wegfallen, Öffnungszeiten bis um 6 Uhr am Morgen wären erlaubt. Die 10-Lux-Regel würde vor allem für den Bereich gelten, wo es Sitze hat. Im Tanzbereich dürft es auch etwa dunkler sein, konkretisiert die Japan Times. Doch eine klare Definition dazu gibt es noch nicht.
Einverständnis der Branche
Die neue Regelung mag genau so absurd klingen, gerade wenn man bedenkt, dass die meisten Clubs heutzutage unter 10 Lux beleuchten. Doch für die Club-Besitzer scheint es ein Kompromiss zu sein, mit dem man leben kann. Das Wichtigste für sie ist, dass ihre Clubs nicht mehr unter das strenge Fueiho-Gesetz fallen und damit eine grosse Rechtsunsicherheit verschwinden würde.
Durchgesetzt hat den Gesetzesentwurf eine überparteiliche Gruppe von Abgeordneten. Es wird erwartet, dass die Regierung den Entwurf noch in der Herbstsession dem Parlament vorlegen wird.
Die Protestaktion
Der Aufstand gegen das absurde Tanzverbot begann vor zwei Jahren, nachdem die Polizei im Osakaer Club Noon eine Razzia durchführte und dessen Besitzer Masatoshi Kanemitsu verhaftete. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, den Gästen «obszönen Tanz» zu erlauben und damit gegen die «sexuellen Sitten» zu verstossen. Der Club, der einen guten und unbescholtenen Ruf in der Szene genoss, war eine kulturelle Institution in der Musikszene von Osaka.
Und so wurde der Fall Noon zum Anfang einer öffentlichen Bewegung von prominenten Musikern, Anwälten und Politikern gegen das vielleicht absurdeste Gesetz in Japan. Ihr Motto: «Let’s Dance!» (Asienspiegel berichtete). Der Dokumentarfilm Save the Club Noon dokumentierte dieses Thema, das die Medien im In- und Ausland aufnahmen.
Als Masatoshi schliesslich in erster Instanz freigesprochen wurde (Asienspiegel berichtete), begann auch in Tokio das Umdenken.
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