Ein Chirurg für Taipeh
Ko Wen-je heisst Taipehs nächster Bürgermeister. Der frühere Chirurg des renommierten NTU-Universitätskrankenhauses hat sich gegen den Kandidaten der Regierungspartei Sean Lien (連勝文) durchgesetzt. Dies obwohl Liens Partei – die Kuomintang KMT – Taiwans Hauptstadt jahrelang dominierte.
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Ko Wen-je wird zwar von der Oppositionspartei DPP unterstützt, er selbst gehört jedoch keiner Partei an. Bereits in den Umfragen vor der Wahl zeichnete sich ein Sieg von Ko ab, dies obwohl der bekannte Chirurgen keine politische Erfahrung vorweisen kann.
Der reiche KMT-Kandidat
Diese fehlte jedoch auch seinem Gegner: Sean Lien ist in Taiwan vor allem wegen seiner wohlhabenden und politisch einflussreichen Familie bekannt. Vater Lien Chan (連戰) war bereits Vizepräsident Taiwans und KMT-Parteichef. So musste sich Sean Lien während der Kampagne vorwerfen lassen, mit einem goldenen Löffel im Mund geboren worden zu sein, und selbst kaum etwas geleistet zu haben.
Da half es auch nicht, dass er aus seinem teuren Apartment im Stadtzentrum auszog und medienwirksam mit kleinen Ladenbesitzern für die Kameras posierte. Die Wähler nahmen Sean Lien nicht ab, dass er die Sorgen der gewöhnlichen Bürger verstehen würde.
Schmutzkampagne und Mordvorwürfe
Genützt hat auch die Negativ-Kampagne nicht, die Liens Lager vor den Wahlen gegen den politischen Gegner auffuhr. Die Vorwürfe gegen Ko Wen-je erreichten mit einem makabren Vorwurf ihren traurigen Höhepunkt. So bezichtigte ein KMT-Abgeordneter den früheren Chirurgen, Patienten wegen Organspenden getötet zu haben.
Für die Regierungspartei ist die Wahl des 55-jährigen eine massive Niederlage. 16 Jahre lang war sie an der Macht in der Hauptstadt. Dieser Posten wird zudem als Sprungbrett für das Amt des Präsidenten gesehen. So waren sowohl der jetzige Präsident Ma Ying-jeou als auch dessen Vorgänger Bürgermeister der taiwanischen Hauptstadt.
Opposition räumt bei Lokalwahlen ab
Die Niederlage der Regierungspartei geht jedoch weit über Taipeh hinaus. Die meisten Städte und Landkreise gingen an die Oppositionspartei DPP. Und dies nicht nur im südtaiwanischen DPP-Stammland, sondern auch in Nord- und Mitteltaiwan.
So wird etwa auch der charismatische Bürgermeister von Taichung nach 13 Jahren im Amt von einem DPP-Politiker abgelöst. Taiwans Premierminister hat bereits am Samstag die Konsequenzen gezogen. Jiang Yi-huah kündigte seinen Rücktritt an – noch bevor alle Stimmen ausgezählt waren.
Taiwans Wähler verpassten der Regierungspartei einen Denkzettel: Die Beliebtheitsrate von Präsident Ma Ying-jeou befindet sich seit geraumer Zeit im Keller. Von der Chinapolitik, über gestiegene Stromkosten bis zu schwindelerregenden Immobilienpreisen und einer Reihe von Lebensmittelskandalen – die Mehrheit der Wähler hat das Vertrauen in die Regierungspartei offenbar verloren.
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