Eine Liebe zwischen zwei Welten
Während viele ihre Abschlussarbeit für die Matur (Anm. Abitur in der Schweiz) möglichst schnell hinter sich bringen wollen, beschritt Joris Noordermeer vor drei Jahren den aufwendigen Weg. Er machte sich daran, einen Spielfilm zu drehen mit allen Tücken und Schwierigkeiten. Das Ergebnis beeindruckt.
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Entstanden ist «Sommererwachen», ein feinfühlig erzählter Coming-of-Age-Film. Es ist ein Autorenfilm im besten Sinn. Noordermeer schrieb nicht nur das Drehbuch, sondern führte auch gleich Regie und machte den Schnitt. Eine Kamera, eine Mikro, eine Handheld-Steadicam und ein Reflektor reichten aus. Anstatt ausgeklügelte Technik stand bei ihm die Geschichte im Zentrum. Nur schon diese Tatsache macht ihn reifer als viele andere Filmemacher in diesem Land.
Denn Noordermeer hat etwas zu erzählen. Er selbst ging 2008 als Austauschschüler ins ferne Japan, wo er ein Jahr lang in Osaka die Highschool besuchte. Die Zeit prägte ihn so nachhaltig, dass er 2010 entschied Japan zum Schauplatz seines Spielfilms zu machen. «Ursprünglich wollte ich einen Kurzfilm drehen. Die Idee dazu hatte ich länger. Woher sie genau kam, kann ich aber nicht mehr sagen», sagt Joris dazu.
«Lost in Translation» trifft auf «Kirschblüten»
So entstand die Geschichte über den Protagonisten David, der sich bis nach Japan auf die Suche nach seiner verlorenen Liebe Aiko macht. Es ist eine Reise, die sich so ganz anders entwickelt als ursprünglich geplant. Vergeblich schreibt er Aiko. Und so werden seine unbeantworteten E-Mails zum Erzählstrang und zu einem Einblick in Davids Gefühlswelt – in der auch immer wieder Humor Platz hat.
Stets bleibt die Hoffnung, dass er Aiko doch noch begegnet. Dafür irrt der Protagonist durch Tokio und schliesslich bis ans äusserste Ende von Japan. Gespannt begleitet ihn der Zuschauer in diese so ganz andere Welt. Es ist eine Begegnung zwischen «Lost in Translation» und Doris Dörries «Kirschblüten» – mit dem Unterschied, dass hier die Jugend von der Liebe, der Sehnsucht und dem Fremden erzählt.
«Das Thema hat sich angeboten, da es nicht zu anspruchsvoll für die Umsetzung war. Ich konnte gleichzeitig meine eigene Erfahrung einbringen», erklärt Joris Noordermeer, auch wenn er betont, dass die Handlung selbst nicht autobiographisch sei.
Eine Reifeprüfung
Für den jungen Filmemacher wurde «Sommererwachen» zu einer Reifeprüfung im wahrsten Sinne: «Ich war in vielen Entscheidungen auf mich alleine gestellt und unter Zeitdruck. Es unterliefen mir Fehler. Auch technisch war ich wenig erfahren. Licht und Ton machten mir – oft auch nachträglich – zu schaffen.»
Die Schauspieler fand er im Freundeskreis und über Inserate. Nur kurze zehn Tage blieben Noordermeer für die Dreharbeiten in Japan. «Wir filmten nonstop», erinnert er sich. Es folgte die lange Post-Produktionsphase: «Von den Dreharbeiten bis zur Premiere dauerten die Arbeiten insgesamt ein Jahr.»
Der Aufwand hat sich gelohnt. Mit «Sommerwachen» hat Joris Noordermeer nicht nur seine Maturarbeit gemeistert, sondern auch gleich ein Erstlingswerk realisiert, das Lust auf mehr macht. Und auch mit Japan bleibt er bis heute verbunden. «Ich hatte nach dem Film nicht mehr so viel mit Japan zu tun. Doch dieses Jahr war ich wieder zurück. Für mich ist das Land wieder zu meiner zweiten Heimat geworden.»
«Sommerwachen» wird am Sonntag, 16. November um 17:30 Uhr, in Anwesenheit von Joris Noordermeer im Alternativkino gezeigt. Tickets sind hier erhältlich.
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