Regenbogen-Revolution in Shibuya
Shibuya ist einer der belebtesten Bezirke der japanischen Hauptstadt Tokio. 215’000 Menschen leben in diesem Mikrokosmos, der besonders für die jungen Japanern ein Magnet ist. Sein Wahrzeichen ist die berühmte Kreuzung beim Bahnhof Shibuya (Asienspiegel berichete). Nun ist die Lokalregierung des Bezirks gerade daran, Shibuya auch politisch zum progessivsten Ort von ganz Japan zu machen.
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Geht es nach dem Willen der Exekutive soll im Bezirk Shibuya schon bald die eingetragene Partnerschaft für glechgeschlechtliche Paare ermöglicht werden. Dem Lokalparlament soll die Verordnung schon in den kommenden Wochen zur Abstimmung vorgelegt werden. Wird dieser gutgeheissen, würde man bereits im Laufe des kommenden Fiskaljahres die neuen Partnerschafts-Zertifikate ausstellen, die mit dem Ehestatus gleichwertig zu behandeln seien.
Eine Premiere in Japan
Es wäre das erste Mal überhaupt, dass eine japanische Behörde die gleichgeschlechtliche Partnerschaft anerkennen würde. Shibuya will damit nach eigenen Angaben zu einer Gesellschaft beitragen, die «die Vielfältigkeit der Individuen wertschätzt». Gleichzeitig wolle man das Verständnis für sexuelle Minderheiten fördern.
Die neue Regelung könnte so einige Diskriminierungen im Alltag beseitigen. Bei einem Besuch im Krankenhaus würde man in Shibuya künftig als Familienmitglied anerkannt werden. Auch die Wohnungssuche könnte sich durch das offzielle Partnerschaftszertifikat der Behörden leichter gestalten. Die Lokalregierung würde zudem alle Geschäfte aktiv auffordern, gleichgeschlechtliche Paare nicht zu diskriminieren.
Keine rechtlich bindende Wirkung
Die Verordnung wird zwar keine rechtliche bindende Wirkung haben, dennoch setzt sie in einem Land, in dem Homosexualität noch immer von einem Grossteil der Gesellschaft tabuisiert wird (Asienspiegel berichtete), ein starkes Zeichen.
In Japans Grossstädten Tokio und Osaka gibt es zwar lebendige Gay-Szenen. Wer schwul ist, der muss auch nicht wie in anderen Ländern um sein Leben fürchten. Dies hat jedoch nicht mit einer besonderen Offenheit oder Aufgeklärtheit, sondern vielmehr mit Gleichgültigkeit zu tun. Denn in Japans Gesellschaft wird Homosexualität kaum thematisiert. Eine politische Diskussion darüber existiert nicht. Die Öffentlichkeit nimmt die Thematik nur am Rande wahr. So ziehen es viele Schwule und Lesben vor, auf ein Outing im Freundeskreis oder in der Familie zu verzichten.
Wie Shibuya die Verfassung umgeht
Die Verordnung von Shibuya ist in diesem Sinne ein erster Schritt zur öffentlichen Sensibilisierung dieser Thematik. Noch ist es aber ein weiter Weg, gerade in politischer Hinsicht. So kennt das japanische Gesetz zwar kein Verbot von homosexuellen Beziehungen. Eine Heirat wird aber gemäss Artikel 24 der Verfassung als «ein Akt basierend auf der gemeinsamen Zustimmung der beiden Geschlechter» definiert und schliesst so eine gleichgeschlechtliche Ehe aus.
In Shibuya umgeht man diese juristische Problematik, indem man bei den Zertifikaten für die eingetragene Partnerschaft von einer Einführung «eines von der Ehe völlig unabhängigen Systems» spricht.
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