Gepäckkontrollen beim Shinkansen?
Seit 1964 ist der Shinkansen in Betrieb. 50 Jahre später umfasst das japanische Bahnnetz für den Hochgeschwindigkeitszug 2600 Streckenkilometer. 10 Milliarden Passagiere hat der Hochgeschwindigkeitszug bereits befördert (Asienspiegel berichtete). Die Tokaido-Linie, die von Tokio nach Osaka verkehrt ist jedoch bis heute die wichtigste Verbindungslinie geblieben. Bis zu 420’000 Passagiere nutzen diese Strecke täglich.
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Das ausserordentlichste an dieser Erfolgsgeschichte ist, dass dieser Hochgeschwindigkeitszug in 50 langen Jahren keinen einzigen Unfalltoten zu beklagen hatte. Selbst als ein Shinkansen 2004 nach einem Erdbeben bei Niigata entgleiste, kam kein Passagier ums Leben.
Das Ende der makellosen Statistik
Seit dem 30. Juni 2015 ist dieses dieses absolute Sicherheitsgefühl jedoch vorbei. Die Selbstverbrennung eines 71-jährigen Japaners im vordersten Wagen eines Shinkansens, der mit 800 Passagieren auf dem Weg von Tokio nach Osaka war, hat das Land aufgeschreckt (Asienspiegel berichtete).
Neben dem Selbstmörder mit Namen Haruo Hayashizaki starb eine 52-jährige Frau an den Folgen einer Rauchvergiftung. Weitere 26 Personen erlitten leichte Verletzungen. Noch sind die genauen Motive des 72-Jährigen unklar. Er soll sich im Wagen sehr nervös und auffällig verhalten haben, berichten Augenzeugen. Schliesslich forderte er kurz vor der Selbstverbrennung einige Passagiere in den vorderen Reihen auf, den Wagen zu verlassen.
Die Polizei hat inzwischen Untersuchungen eingeleitet und die Wohnung des Mannes durchsucht. Die Bahnbehörde hat den tödlichen Vorfall laut der Mainichi Shimbun als Brandunfall im Zug eingestuft. Damit handelt es sich offiziell um den ersten Unfall mit Todesfolge in der 50-jährigen Geschichte des Shinkansens.
Es ist auch das erste Mal überhaupt, dass es in einem Shinkansen gebrannt hat. In den normalen JR-Zügen kam es derweil bereits 2003 zu einer ähnlichen Selbstverbrennung in der Präfektur Nagano.
Frage nach der Sicherheit
Und so steht in Japan bereits einen Tag nach dem Vorfall die Frage im Raum, wie man diesen Hightech-Zug vor solchen Gefahren besser schützen kann, gerade hinsichtlich der Sommerspiele 2020 in Tokio.
Tatsache ist, dass Japan seit den Bahnattentaten in Europa vermehrt zahlreiche Polizisten in zivil in gewissen Shinkansen-Zügen einsetzt. Auch Sicherheitskameras sind sowohl in den Bahnhöfen wie auch in den Zügen installiert. So konnten die Ermittlungsbehörden inzwischen das Verhalten des 71-Jährigen im Wagen kurz vor seinem Selbstmord genau nachzeichnen, wie die Mainichi Shimbun berichtet. Verhindern konnten diese Massnahmen den Vorfall jedoch nicht.
Kommen Gepäckkontrollen?
Gepäckkontrollen an Bahnhöfen wie sie vereinzelt in Europa durchgeführt werden, gibt es bislang nicht. In diesem Fall hätte diese eine schützende Wirkung haben können, da der Selbstmörder die Benzinflasche in seinem Rucksack trug.
Gepäckkontrollen in Japan umzusetzen wird von Bahnbetreibern und Experten jedoch als unrealistisch angesehen, wie NHK News berichtet. Bei diesem gigantischen Passagieraufkommen hätte dies hohe Kosten zur Folge. Auch die Logistik wäre nicht zu unterschätzten.
Ein Experte schlägt gegenüber NHK daher vor, dass man höchstens in Einzelfällen wie bei einem internationalen Gipfeltreffen oder den Sommerspielen solche Kontrollen durchführen sollte. Abgesehen davon werden bereits heute die Passagiere regelmässig aufgefordert, Auffälligkeiten dem Bahnpersonal zu melden. Aufmerksamkeit bleibt letztendlich die wichtigste Sicherheitsmassnahme.
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