Japan im olym­pi­schen Chaos

Dieser Stadionentwurf von Zaha Hadid bleibt eine Vision.
Die­ser Sta­di­on­ent­wurf von Zaha Hadid bleibt eine Visi­on. Ilus­tra­ti­on: ZHA

Als Tokio im Sep­tem­ber 2013 die Som­mer­spie­le 2020 zuge­spro­chen erhielt, war die Freu­de in Japan gross (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Im Zen­trum die­ser Bewer­bung stand auch das futu­ris­ti­sche Sta­di­on­de­sign mit dem ver­schieb­ba­ren, ele­gan­ten Dach, ent­wor­fen von der Star­ar­chi­tek­tin Zaha Hadid (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

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Beim IOK-Tref­fen in Bue­nos Aires warb Pre­mier­mi­nis­ter Shin­zo Abe höchst­per­sön­lich mit einer Visua­li­sie­rung die­ses Pracht­baus. Die damals bud­ge­tier­ten Kos­ten von 130 Mil­li­ar­den Yen (963 Mio Euro) spiel­ten eine unter­ge­ord­ne­te Rolle.

Der gros­se Kater

Nach dem Zuschlag für 2020 kam der gros­se Kater. Plötz­lich wur­den die hohen Kos­ten zum alles über­schat­ten­den The­ma. Das Bud­get für den Sta­di­on­bau wuchs zwi­schen­zeit­lich auf 300 Mil­li­ar­den Yen (rund 2,2 Mia Euro) an. Ein bil­li­ge­res Design muss­te her. Zaha Hadid lie­fer­te. Das Sta­di­on war nun wesent­lich klei­ner. Die Grund­for­men blie­ben erhal­ten. Doch auch die Kos­ten die­ses Baus wur­den bis ges­tern auf 252 Mil­li­ar­den Yen (1,8 Mia Euro) veranschlagt.

Die Kri­tik nahm zu. Das Sta­di­on sei ohne­hin über­di­men­sio­niert, hiess es. Sport­mi­nis­ter Haku­bun Shi­mo­mu­ra schlug in der Hit­ze des Gefechts vor, ein­fach auf das Dach zu ver­zich­ten (Asi­en­spie­gel berich­te­te), womit er das Team um Hadid erzürnte.

Schliess­lich ent­schied man Ende Juni, dass man trotz hoher Kos­ten das Sta­di­on wie geplant – inklu­si­ve Dach – bau­en wer­de, um recht­zei­tig für die 2019 anste­hen­den Rug­by-Welt­meis­ter­schaf­ten fer­tig zu wer­den. Es blei­be kei­ne ande­re Wahl, hiess es (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Abe mischt sich ein

Doch damit war das letz­te Kapi­tel noch nicht geschrie­ben. Pre­mier­mi­nis­ter Shin­zo Abe hat nun per­sön­lich ent­schie­den, das gesam­te Sta­di­on­pro­jekt neu zu lan­cie­ren, wie die Yomi­uri Shim­bun berich­tet. Hadids Pro­jekt sei schlicht­weg nicht umsetz­bar, zu hoch sei­en die Kos­ten und zu gross der Wider­stand in der Bevöl­ke­rung. Man wer­de nun von Null wie­der begin­nen. Trotz allem wer­de das Olym­pia­sta­di­on recht­zei­tig fer­tig, so das Versprechen.

Klar ist, dass es für die geplan­te Rug­by-Welt­meis­ter­schaf­ten 2019 nicht mehr rei­chen wird. Die Sport­ver­an­stal­tung wird wohl nach Yoko­ha­ma wei­chen müs­sen. Mit rund 61 Mona­ten wird für den Bau eines sol­chen Rie­sen­sta­di­ons gerech­net, vom Ent­wurf bis zum Eröff­nung. Selbst für 2020 wird es knapp. Bis im Früh­ling des nächs­ten Jah­res soll der neue Ent­wurf stehen.

Eine Mög­lich­keit, die man nun in Betracht zieht, ist der Rück­griff auf einen der 46 Ent­wür­fe, die 2012 ein­ge­reicht wur­den. Doch selbst die­se Opti­on wäre mit sehr viel Auf­wand ver­bun­den. Die Reno­va­ti­on des alten Natio­nal- und Olym­pia­sta­di­ons ist auch nicht mehr mög­lich. Die­ses wur­de im Früh­jahr voll­stän­dig abge­ris­sen, um dem Neu­bau Platz zu machen. Und so ist das olym­pi­sche Cha­os in Tokio per­fekt. Hin­zu kommt, dass wegen des Ver­trags­bruchs eine Ent­schä­di­gungs­zah­lung an Hadid fäl­lig wird.

Die Grün­de für den Meinungsumschwung

Es stellt sich zuletzt die Fra­ge, woher der plötz­li­che Mei­nungs­um­schwung von Shin­zo Abe kam. Sei­ne Ent­schei­dung ist wohl rein poli­ti­scher Natur. Sei­ne Zustim­mungs­wer­te sind nach der Kon­tro­ver­se über die umstrit­te­nen Sicher­heits­ge­set­ze mit 39 Pro­zent so tief wie noch nie in sei­ner Amts­zeit (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Die öffent­li­che Mei­nung bezüg­lich des Olym­pia­sta­di­ons ist eben­falls gemacht. In einer Umfra­ge der Asahi Shim­bun haben 71 Pro­zent den Bau des futu­ris­ti­schen Olym­pia­sta­di­ons abge­lehnt. Abe hat folg­lich die Hand­brem­se gezo­gen. Ein wei­te­re Kon­tro­ver­se will er sich nicht erlau­ben. Zudem ste­hen im nächs­ten Jahr die Ober­haus­wah­len an. Da spielt es auch kei­ne Rol­le mehr, dass Abe noch vor zwei Jah­ren voll und ganz hin­ter dem Sta­di­on­pro­jekt stand.

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