Läs­ti­ge Regeln und Pflichten

Das obligate Bier nach der Arbeit ist nicht für alle ein Vergnügen.
Das obli­ga­te Bier nach der Arbeit ist nicht für alle ein Ver­gnü­gen. Foto: Asi­en­spie­gel

Im täg­li­chen Leben eines Japa­ners gibt es unzäh­li­ge gesell­schaft­li­che Regeln und Pflich­ten, deren Ein­hal­tung für den Fort­gang eines erfolg­rei­chen Geschäfts- und Pri­vat­le­bens zen­tral sind. Bei man­chen han­delt es sich um alt­her­ge­brach­te Tra­di­tio­nen. Ande­re aber haben sich wie­der­um erst in der Nach­kriegs­zeit etabliert.

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Dies bedeu­tet aber noch lan­ge nicht, dass jeder Japa­ner Freu­de dar­an hat. Und so stellt sich die Fra­ge, auf wel­che gesell­schaft­li­che Kon­ven­tio­nen im Insel­staat man am liebs­ten ver­zich­ten möcht? R25 / Yahoo Japan hat bei 200 jun­gen arbei­ten­den Japa­nern und Japa­ne­rin­nen zwi­schen 20 und 40 Jah­ren nach­ge­fragt und eine Rang­lis­te zusam­men­ge­stellt. Im Fol­gen­den eine Auswahl.

Der Alko­hol

«Einer höher gestell­ten Per­son in der Fir­ma Sake ein­schen­ken» hat sich als die unbe­lieb­tes­te Pflicht her­aus­ge­stellt. In einer Unter­neh­mens­welt, die streng hier­ar­chisch gere­gelt ist, haben die jün­ge­ren Ange­stell­ten stets dafür zu sor­gen, dass bei einem gemein­sa­men Essen und Trin­ken das Glas des Vor­ge­setz­ten nie leer ist. «Wenn ich stän­dig das per­fek­te Timing fürs Ein­schen­ken fin­den muss, macht mir weder die Unter­hal­tung noch das Essen Spass», äus­ser­te sich ein 36-Jäh­ri­ger in der Umfrage.

An zwei­ter Stel­le der «läs­tigs­ten Kon­ven­tio­nen» fol­gen «die Ein­la­gen beim gemein­sa­men Trin­ken mit den Arbeits­kol­le­gen». Wer ein­mal in Japan stu­diert oder gear­bei­tet hat, der weiss, dass ein gemüt­li­ches Trin­ken und Dis­ku­tie­ren mit den Kol­le­gen ab einem bestimm­ten Zeit­punkt nicht mehr mög­lich ist. Gesän­ge und Trink­spie­le, mit denen man auf­ge­for­dert wird, sein alko­ho­li­sches Getränk her­un­ter­zu­kip­pen, sind weit ver­brei­tet. Je höher der Alko­hol­pe­gel, des­to kin­di­scher kann die Ange­le­gen­heit werden.

So man­che West­ler füh­len sich in die­sen Momen­ten an ihre Schul­zei­ten zurück­er­in­nert. Und ganz offen­sicht­lich haben auch nicht alle Japa­ner ihre Freu­de dar­an. «Eigent­lich möch­te ich mich bei einem sol­chen Tref­fen vom Stress des Arbeits­ta­ges befrei­en und die Kon­ver­sa­ti­on genies­sen. Mit dem Trink­zwang staut sich der Stress jedoch noch mehr auf», meint ein 39-Jäh­ri­ger kritisch.

Schlim­mer ist für eini­ge schliess­lich noch die Kul­tur des Niji­kai, die «Anschluss­fei­er». Davon spricht man, wenn man nach dem obli­ga­ten Trin­ken mit den Kol­le­gen wei­ter­zieht. Sich die­sem Grup­pen­druck zu ent­zie­hen ist fast unmög­lich. «Es genügt doch schon voll­kom­men, wenn man sich ein­mal getrof­fen hat. Danach sol­len wirk­lich nur die Per­so­nen zur nächs­ten Bar gehen, die das auch wirk­lich wol­len», appel­liert ein 36-Jäh­ri­ger an die Ver­nunft. Ein ande­rer bezeich­net die­se Gewohn­heit des Niji­kai «als die Anschluss­fei­er eines ohne­hin schon erzwun­ge­nen Treffens».

Die Scho­ko­la­de

Am Valen­tins­tag beschenkt in Japan bekannt­lich die Frau den Mann mit Scho­ko­la­de (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Dabei gilt der Fokus nicht nur dem Liebs­ten. Selbst die männ­li­chen Mit­ar­bei­ter wer­den gewöhn­lich von den Kol­le­gin­nen mit ein­fa­chen Scho­ko­la­den­ge­schen­ken beschenkt. Giri-Cho­ko, die «Pflicht-Scho­ko­la­de» nennt sich dies. Und genau die­se Pflicht läuft vie­len Japa­ne­rin­nen zuwi­der. «Ich emp­fin­de kei­ne Not­wen­dig­keit dies zu tun», meint etwa eine 39-Jäh­ri­ge. Es sei rei­ne Ver­schwen­dung oder gar eine Bür­de, sagen andere.

Die­se läs­ti­ge Pflicht könn­te eines Tages tat­säch­lich ver­schwin­den. Denn bereits heu­te ist die Nach­fra­ge nach Giri-Cho­ko in den Kauf­häu­sern rück­läu­fig. Viel­mehr ist nun die Jibun-Cho­ko, «die Scho­ko­la­de für sich selbst», im Trend (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Die fir­men­in­ter­ne Geschenk­kul­tur endet aber nicht bei der Giri-Cho­ko. Nach Geschäfts­aus­flü­gen oder nach einem Urlaub bringt man den Mit­ar­bei­tern gewöhn­lich ein Geschenk mit. Es han­delt sich zumeist um klei­ne kuli­na­ri­sche Spe­zia­li­tä­ten aus der Regi­on, in der man sich auf­ge­hal­ten hat.

Wich­tig dabei ist, dass man auch ja nie­man­den ver­gisst. Für man­che ist dies laut Umfra­ge viel zu teu­er. Ein 35-Jäh­ri­ger meint, dass vie­le ja gar nie in den Urlaub fah­ren oder auf Geschäfts­rei­se gehen wür­den und daher gar nie ein Geschenk mit­brin­gen müss­ten. Das sei gegen­über denen, die viel unter­wegs sei­en, unfair.

Die Hoch­zeit

Bei einem gros­sen Lebens­er­eig­nis wie der Hoch­zeit gilt es in Japan als Ver­wand­ter und Freund beson­ders gross­zü­gig zu sein. In der Regel han­delt es sich um grös­se­re Geld­be­trä­ge, die dem Braut­paar über­reicht wer­den. Das bedeu­tet aber nicht, dass die Neu­ver­mähl­ten das erhal­te­ne Bar­geld ein­fach für sich behal­ten können.

In Japan gilt es in sol­chen Fäl­len ein «Gegen­ge­schenk», ein O-Kae­shi, zu leis­ten. Die­ses muss min­des­ten die Hälf­te des geschenk­ten Wer­tes besit­zen. Das ist, wie man sich vor­stel­len kann, eine ziem­lich auf­wen­di­ge, logis­ti­sche Arbeit. «Wenn ich schon ein Gegen­ge­schenk machen muss, dann wür­de ich lie­ber auf das Geschenk ver­zich­ten», bemerkt ein 29-jäh­ri­ger in der Umfra­ge. Ein ande­rer meint ganz ein­fach, dass dies doch für bei­de Sei­ten nur läs­tig sei.

Und so ver­wun­dert es nicht, dass in die­sem Zusam­men­hang das obli­ga­te Hoch­zeit­ge­schenk, oder bes­ser gesagt das Hoch­zeit­geld, eben­falls in den vor­de­ren Rän­gen der «läs­ti­gen Regeln und Pflich­ten» zu fin­den ist.

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