Der Tod einer Legende
Hiroshima, die blutigen Studentenproteste, die Diskriminierung von Minderheiten, der Kampf der Bauern gegen Naritas Flughafen, die Sicherheitsallianz mit den USA, der Skandal um die Quecksilbervergiftung in Minamata oder die AKW-Katastrophe von Fukushima: Der Fotojournalist Kikujiro Fukushima hat jedes Kapitel der japanischen Nachkriegsgeschichte hautnah miterlebt. Mit seinen Fotos hat er die Geschichten erzählt, die manche nur zu gerne für immer unter den Teppich gekehrt haben wollten.
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Nun ist dieser kompromisslose Fotojournalist am 24. September 2015 im hohen Alter von 94 Jahren in seiner Heimat in der Präfektur Yamaguchi gestorben, wie die Mainichi Shimbun berichtet. Fukushima war am 15. März 1921 geboren. Während des Zweiten Weltkrieges gehörte er einer Armeeeinheit in Hiroshima an. Da er am 9. August 1945 in Miyazaki weilte, entkam er mit viel Glück der Atombombe. Dieses Ereignis liess ihn jedoch zeitlebens nicht los.
Die Zeit nach dem Krieg
Nach der Demobilisierung arbeitete er in seiner Heimatstadt in einem Uhrengeschäft und erlernte im Selbststudium das Fotohandwerk. Und so zog es ihn bald wieder nach Hiroshima, das zum Ausgangspunkt seiner journalistischen Laufbahn wurde. Über Jahre hinweg dokumentierte er das Leiden des Fischers und Atombomben-Überlebenden Sugimatsu Nakamura und dessen Familie, bis dieser schliesslich völlig entkräftet an den Spätfolgen der Strahlung starb. 1960 publizierte er darüber sein erstes Buch, das später eine Auszeichnung erhielt.
Die Kamera blieb seither stets an seiner Seite. In seinen Reportagen nahm er sich den Unterdrückten, den Diskriminierten und den Aussenseitern der Gesellschaft an. Kikujiro Fukushima war ein Chronist, ein Anti-Autoritärer, ein Querdenker, ein Getriebener. Stets thematisierte er die Widersprüche der japanischen Gesellschaft.
«Wenn Konzerne oder die Regierung etwas zu vertuschen versuchen, dann darf auch ein Fotojournalist das Gesetz übertreten», beschrieb er seine Philosophie. Während seiner Karriere schoss er über 250’000 Fotos und publizierte über 12 Fotobücher. Bis zu seinem Lebensende war er aktiv. Selbst die AKW-Tragödie in Fukushima dokumentiert er. «Derselbe Fehler wie in Hiroshima hat sich wiederholt», war sein Kommentar.
Seine kompromisslose Haltung hat Kikujiro Fukushima fast das Leben gekostet. Er wurde bedroht, attackiert und verletzt, sein Haus ging in Flammen auf. Doch Fukushima hatte dies nie von seinem Weg abgehalten. Er verweigerte seine Pension. Von seinen drei Kindern, die er alleine grossgezogen hatte, wollte er ebenfalls keine finanzielle Unterstützung. Stattdessen arbeitete er beharrlich weiter und führte mit seinem Hund Roku ein bescheidenes Leben in der Präfektur Yamaguchi. Auf ein Begräbnis hat er laut eigenem Wunsch verzichtet.
Der Dokumentarfilm
Der 42-jährige Filmemacher Saburo Hasegawa hat den weltweit ältesten Fotojournalisten im Dokumentarfilm Japan Lies – The Photojournalism of Kikujiro Fukushima, Age 90 porträtiert (Asienspiegel berichtete). Das Werk ist ein einmaliger Einblick in das Leben und Schaffen von Kikujiro Fukushima, der trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge seinen Humor nie verloren hat. Der Film wurde zum Überraschungserfolg und brachte Fukushima auch endlich die Anerkennung, die ihm fast ein ganzes Leben lang verwehrt geblieben war.
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