Japans Notfall-Toiletten
In den Tagen nach dem verheerenden Erdbeben von Kobe 1995 wurde der Mangel an funktionierenden, öffentlichen Toiletten zu einem grossen Problem. Ausserdem war in vielen Häusern die Wasserzufuhr tagelang abgeschnitten. Ähnliches ereignete sich auch nach dem Erdbeben in Niigata 2004. Für Hygiene und Gesundheit sind dies Horrorszenarien.
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Mobile Trockentoiletten sind in solchen Notfällen eine Lösung, haben jedoch einige Nachteile. Deren regelmässiger Unterhalt und Entleerung ist unter den erschwerten Umständen nach einer Naturkatastrophe nur bedingt möglich. Im Fall von Kobe mangelte es zudem an genügend Pumpenwagen zur Entsorgung der Fäkalien. Viele Personen bereitete zudem die Benutzung solcher Plumpsklos Mühe. Einige Personen begannen in der Folge weniger zu trinken, um nicht ständig auf die Toilette gehen zu müssen, was sich wiederum schädigend auf den Körper auswirkte.
Gemäss Nikkei BP schätzt die Regierung, dass nach einem verheerenden Erdbeben der Stärke 7,2 inmitten Tokios rund 810’000 Menschen wegen Unterbruchs oder Beschädigung der Wasserzufuhr in ihren Häusern keinen direkten Zugang mehr zu einer Toilette hätten.
Ein Loch in die Abwasserleitung
Doch bereits nach Kobe entwickelte man mit dem Manhōru Toire (aus dem Englischen «Manhole Toilet») eine Lösung für dieses Problem. Es handelt sich um einen kleinen Schacht, der direkt mit einem Abwasserrohr verbunden ist. Auf dieses Loch kann in Notfällen schnell und einfach ein mobiles Sitz- oder Stehklo installiert werden. Ein Zelt, das darüber gespannt wird, garantiert die Privatsphäre. Die Nutzung ist nicht nur angenehmer und hygienischer als auf einer Trockentoilette, auch die aufwendige Entsorgung der Fäkalien entfällt.
Rund 20’000 Kanalisationsschächte für den Manhōru Toire-Gebrauch gibt es inzwischen im ganzen Land. Zumeist hat man diese in Pärken gebaut, die in Japan im Katastrophenfall als Evakuierungsorte dienen. So hat beispielsweise die Stadt Kitakyushu diesen Sommer den Bau solcher Toilettenschächte und die Bereitstellung der notwendigen Toiletten-Infrastruktur für zwei solcher Orte angeordnet, wie die Mainichi Shimbun berichtet.
Die Lösung fürs ganze Land
Die Regierung ist von dieser Lösung derart überzeugt, dass sie nun Richtlinien für diese Notfall-Toiletten formuliert hat und diese bis Ende Jahr für alle Gemeinden vorschreiben möchte, wie Jiji News schreibt. Ziel ist es, für durchschnittlich 100 Personen rund 1 bis 2 Manhōru Toire zur Verfügung zu stellen. In offiziellen Evakuierungsorten, wo bis zu 1000 Menschen Platz haben, sollen künftig bis zu 20 solcher Schächte bereit stehen.
Um die Nutzung möglichst angenehm zu gestalten, wird in den Richtlinien empfohlen, separate Männer- und Frauen-Toiletten aufzustellen und jeweils ein lichtundurchlässiges Zelt zu errichten. Ausserdem sollen bei Katastrophenübungen die Installation dieser sanitären Anlagen geübt werden.
Trotz allem besteht die Gefahr, dass die Kanalisationsleitungen bei einem Erdbeben ebenfalls beschädigt werden, auch wenn viele Rohre in den letzten Jahren vermehrt auf ihre Erdbebenfestigkeit getestet und entsprechend verstärkt wurden. Für diesen Fall hat man ein Manhōru Toire entwickelt, das man zwischenzeitlich zu einem Plumpsklo umfunktionieren kann.
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