Das Schriftzeichen des Jahres
Stets im Dezember wird in Japan das Schriftzeichen (jap. «Kanji») ausgewählt, welches das abgelaufene Jahr am besten umschreibt (Asienspiegel berichtete). Verkündet wird es jeweils im ehrwürdigen Kiyomizu-Tempel in Kyoto, wo der Oberste Priester Seihan Mori mediengerecht mit einem grossen Pinsel das Kanji auf weisses Washi-Papier niederschreibt.
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Gleich 129’647 Vorschläge wurden dieses Jahr auf der Website der Kanji Aptitude Foundation eingereicht. Am Ende hat das Schriftzeichen 安 («an») mit 5632 Stimmen gewonnen.
Friede und Sicherheit
安 steht für «Frieden» und «Sicherheit». Das Schriftzeichen war im 2015 überdurchschnittlich viel zu lesen und zu sehen. Da war einerseits die intensiv geführte Debatte zwischen Regierung und Opposition um die umstrittenen Sicherheitsgesetze (安全保障関連法案), die die neue Verfassungsinterpretation bezüglich der kollektiven Selbstverteidigung konkretisierten (Asienspiegel berichtete). Der Name des Protagonisten dieser Gesetze, Premierminister Shinzo Abe, schreibt sich ebenfalls mit diesem Zeichen (安倍晋三).
Gleichzeitig ist mit dem Aufkommen des Islamischen Staates in Syrien und Irak sowie mit den Terroranschlägen in Paris, Libanon oder Ägypten wiederholt die Frage nach der Sicherheit (安全) in der Welt aufgekommen. Ausserdem haben die zunehmenden Naturkatastrophen ebenfalls Sorgen und Ängste (fuan, 不安) ausgelöst.
Der Komödiant Tonikaku Akaru Yasumura verstand es derweil mit mit dem Satz «Keine Sorge, ich habe noch alles an» («安心して下さい、穿いてますよ») eine ganze Nation zum Lachen zu bringen (Asienspiegel berichtete).
Explosion
An zweite Stelle gewählt wurde mit 4929 Stimmen das Kanji 爆 («baku»), die Explosion. 2015 wurde dieses Schriftzeichen zuallererst mit dem Wort «bakugai» (爆買い) in Zusammenhang gesetzt, was wortwörtlich übersetzt «Kaufexplosion» heisst und auf Deutsch mit «Kaufrausch» übersetzt werden kann. In diesem Rausch waren allen voran die chinesischen Touristen, die in Japan so viel Geld ausgegeben haben wie keine andere Gruppe (Asienspiegel berichtete). Entsprechend wurde «bakugai» bereits Anfang Dezember zum Modewort des Jahres gekürt (Asienspiegel berichtete).
Und da wäre noch die japanischen Wörter «bakuhatsu» (爆発, Explosion) oder «bakuhatsuteki» (爆発的, explosionartig), die den plötzlichen Vulkanausbruch auf der Insel Kuchinoerabu bei Kagoshima (Asienspiegel berichtete), den Terrorangriff in Paris oder die explosionsartige Beliebtheit des japanischen Rugby-Nationalteams nach der WM in diesem Sommer in England beschreiben.
Der Krieg
An dritter Stelle ist das Kanji 戦 («sen»), das für «Krieg» steht. Damit sind einerseits die anhaltenden Konflikte und Kriege im Nahen Osten gemeint, andererseits aber auch das Ende des Zweiten Weltkrieges vor exakt 70 Jahren. Das Wort Krieg (戦争) hat zudem die Debatte um die Sicherheitsgesetze und die Friedensverfassung geprägt.
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