Mit bösen Worten gegen böse Buben
Sie sind böse, laut, frech, jung und cool. Die «Bosozoku» (zu Deutsch: «die Wilde Raser-Gang») sind Motorradrowdys im Jugendalter, die seit den 1950er Jahren mit ihren aufgepeppten Maschinen die Vorstädte Japans unsicher machen. Tief in der Nacht liefern sie sich mit ihrem lauten Motorengeheul tollkühne Rennen und wecken damit ganze Nachbarschaften aus ihrem Tiefschlaf.
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Die pubertierenden Halbstarken waren bis in die 1980er-Jahre hinein ein öffentliches Ärgernis. Seither ist die Zahl der Motorradrowdys stark gesunken. In Okinawa jedoch treiben sie, als sei die Zeit stehen geblieben, weiter ihr Unwesen. Die Nationalstrasse 58 in der Kleinstadt Ginowan ist ein beliebtes nächtliches Ausflugsziel der bösen Buben. Jährlich vermeldet die lokale Polizei rund 3600 Lärmbeschwerden. Nun haben die Bewohner der Stadt genug von den Motorradrowdys. Sie wollen sie für immer und ewig loswerden. Das ist auch das erklärte Ziel der lokalen Polizei.
Doch wie begegnet man einem Phänomen, das niemand seit den 1950ern wirklich ausrotten konnte? Man trifft sie, wo es wirklich wehtut. «Viele junge Menschen in Okinawa denken immer noch ein Motorradrowdy zu sein, sei eine coole Sache», erklärt Vize-Polizeidirektor Shigeo Uyoshi gegenüber der Yomiuri Shimbun. Das soll nun geändert werden. Hierfür hat die Polizei eine Ausschreibung gemacht, um einen passenden Kraftausdruck zu finden, der die Rowdys so richtig abwerten soll.
Unter den 650 Vorschlägen blieben am Schluss noch Ausdrücke wie «Feigling-Gang» oder «Kakerlaken-Gang» übrig. Zuletzt entschied man sich aber auf «Dazai-zoku», was frei übersetzt die «Gang der Uncoolen» bedeutet. So schritten rund 650 Mitglieder der «entschlossenen Bürgerversammlung, die keine uncoole Gang toleriert» am 17. Juli zur Tat. Die aufgebrachten Bewohner marschierten mit Plakaten wie «die uncoole Gang, alle sehen wie, altmodisch ihr seid» oder «Haut ab ihr Uncoolen!» der Nationalstrasse 58 entlang, in der Hoffnung, dass der Lärm der Halbstarken ein Ende nehmen würde.
Wirkungsvoll oder wirkungslos?
Ob sich die Motorradrowdys wohl von einer solchen Diffamierungs-Kampagne abschrecken lassen? «Hätte man mich zu jener Zeit als uncool bezeichnet, wäre mir das ziemlich egal gewesen», sagt der 43-jährige Keisuke Yoshino, Lehrer für klassische Literatur und ehemaliger Motorradrowdy. «Ich glaube nicht, dass ein Motorradrowdy diesen Ausspruch wirklich ernst nimmt», pflichtet ihm ein 26-jähriger ehemaliger Bosozoku aus Tokio bei.
Polizist Uyoshi ist da aber ganz anderer Meinung. «Seitdem wir die Uncool-Kampagne gestartet haben, ist die Zahl der Beschwerden rückläufig. Die Wirkung ist offensichtlich», berichtet er voller Überzeugung. Ganz vertrieben hat er die Motorradrowdys aber dennoch nicht. So bleibt ihm einzig die Hoffnung, dass der Spuk der Jugendkultur mit der alternden Bevölkerung Japans irgendwann sein ganz natürliches Ende nehmen wird – und das ganz ohne böse Worte.
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