Japans erster Geschworenenprozess seit dem 2. Weltkrieg beginnt
In Japan wurde am Montag zum ersten Mal seit dem 2. Weltkrieg ein Prozess vor einem Geschworenengericht eröffnet. 6 zufällig aus der Bevölkerung ausgewählte Laienrichter haben zusammen mit 3 vollamtlichen Richtern darüber zu befinden, ob der 72-jährige Angeklagte Katsuyoshi Fujii des Mordes an seiner Nachbarin schuldig ist oder nicht, und sie werden gegebenenfalls das Strafmass festsetzen. Mindestens einer der vollamtlichen Richter muss das Urteil und das Strafmass der Geschworenen mittragen.
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Teil einer Justizreform
Die Wiedereinführung von Laienrichtern ist Teil einer Reform, die das japanische Justizsystem weniger kompliziert und undurchsichtig machen soll. Den Angeklagten soll damit ein fairerer Prozess ermöglicht werden, als dies bisher der Fall war. Bisher konnten Verdächtige ohne Beisein eines Anwalts von der Polizei verhört werden. An dieser Praxis wurde zwar oft kritisiert, sie führe zu erzwungenen Geständnissen, doch vor Gericht fanden die Angeklagten mit der Beteuerung, ihr Geständnis sei unter massivem Druck seitens der Polizei zustande gekommen, nur selten Gehör. Zudem vergingen bis zum Ende des Prozesses oft Jahre.
Die Verurteilungsrate in Kriminalprozessen lag bei 99 Prozent, sodass davon ausgegangen werden muss, dass einige der Verurteilten unschuldig im Gefängnis landeten, weil sie vor Gericht keine Chance hatten. Ein aktuelles Beispiel dafür ist Toshikazu Sugaya, dem die Polizei ein falsches Geständnis abpresste und der anschliessend 17 lange Jahre im Gefängnis verbrachte, bis er letzten Monat wieder freikam (Asienspiegel berichtete).
Demokratischer, zuverlässiger, speditiver
Mit der Reform soll das japanische Justizsystem demokratischer, zuverlässiger und speditiver werden. Befürworter des Geschworenensystems hoffen, dass die Laienrichter mehr Mitgefühl mit den Angeklagten haben werden als ein Berufsrichter. Darüber hinaus müssen die Geschworenen ihr Urteil nach nur 4 Tagen gefunden haben. In 2000 bis 3000 schweren Fällen wie Mord oder Entführung sollen in Japan in Zukunft jedes Jahr Laienrichter und Berufsrichter gemeinsam das Urteil fällen. Dafür werden jedes Jahr 300 000 Kandidaten zufällig unter den Stimmberechtigten ausgewählt.
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