Arme Politiker
Die diesjährigen Wahlen sollen «Veränderung» bringen, wie es der Spitzenkandidat der DPJ, Yukio Hatoyama, ausdrückt. Ganz dem Wahlkampflogo Barack Obamas verpflichtet, versucht man auch dessen erfolgreiche Strategie zu kopieren. Dazu gehörte letztes Jahr der erfolgreiche Einsatz der Mikrospende übers Internet, die Obama zu einer prall gefüllten Wahlkampfkasse verhalf.
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Rakuten, der grösste Online-Shop Japans, hat diese Geschäftslücke erkannt und Anfang Juli ihre eigene Website lanciert, auf der die Wähler registrierten Politikern Spenden zukommen lassen können. «Love Japan» heisst das Projekt. Rund 116 Abgeordnete haben sich bisher offiziell bei Rakuten eingeschrieben. Eine Mehrheit stammt von der Demokratischen Partei. Mindestens 1000 Yen (rund 7.50 Euro) muss die Minispende betragen. Eine Gebühr von 5,25 Prozent plus eine Fixsumme von 105 Yen wird pro Beitrag abgezogen.
Das Geld bleibt aus
Zwar funktioniert das System schon seit einem Monat, das Geld aber fliesst nur spärlich. Bescheidene 191 Minispenden gab es bisher auf «Love Japan». «In Japan hat das System der Einzelspende halt noch keine entsprechende Verbreitung gefunden», meint ein LDP-Abgeordneter gegenüber der Asahi Shimbun. Er versucht schon seit vier Jahren auf seiner eigenen Website vergeblich neue Geldquellen zu generieren. Kan Suzuki, Unterhausabgeordneter der DPJ, findet, dass ein Gebühren-Business in Verbindung mit Politspenden reichlich unsympathisch wirke.
Vielmehr mag der Misserfolg von «Love Japan» aber daran liegen, dass die Menschen, die das Internet am meisten brauchen, schlichtweg kein Interesse an der Politik haben. Lediglich 45 Prozent der 23- bis 28-Jährigen sind 2005 wählen gegangen: «Es ist offensichtlich, dass die japanischen Politiker ihr Schwergewicht auf die älteren Leute legen, ganz einfach weil diese mehr wählen gehen», meint der 26-jährige Zenko Kurishita von der DPJ gegenüber Bloomberg. Er ist der jüngste Abgeordnete des Tokioter Regionalparlaments. Tatsächlich haben 82 Prozent der 65- bis 74-Jährigen bei den letzten nationalen Parlamentswahlen ihre Stimme abgegeben.
Kurioses Internet-Verbot
Zudem wird die japanische Politik immer noch von einem archaischen Wahlgesetz aus den 1950ern zurückgehalten. Dieses besagt, dass während der offiziellen Wahlkampfperiode, die dieses Mal am 18. August begonnen hat, weder Werbeliteratur noch Bilder verbreitet werden dürfen. Dies bedeutet, dass Politiker das Internet in dieser Zeit nicht aktiv nutzen dürfen. Die DPJ möchte dieses Gesetz ändern. Viermal bereits hat die Opposition einen Antrag auf eine Revision gestellt. Die regierende LDP hat sich aber bisher erfolgreich dagegen gesträubt.
Das Scheitern des Internetprojekt «Love Japan» fördert in dieser Hinsicht zwei der dringendsten Probleme des Landes zutage: Eine überalterte Gesellschaft und eine Partei, die seit über 50 Jahren an der Macht ist.
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