Wal­fang aus japa­ni­scher Sicht

Das Bild «Walfang vor den Goto-Inseln» (五島鯨突) von Hokusai.
Das Bild «Wal­fang vor den Goto-Inseln» (五島鯨突) von Hoku­sai. wiki­me­dia

«The Cove», die Bucht, heisst ein ame­ri­ka­ni­scher Doku­men­tar­film, der vor­aus­sicht­lich im Herbst in die euro­päi­schen Kinos kommt (Asi­en­spie­gel berich­te­te). Der Film doku­men­tiert die tra­di­tio­nel­le Del­fin­jagd im Ort Tai­ji, in der Prä­fek­tur Wakay­ma, bei der jedes Jahr Hun­der­te von Del­fi­nen in eine seich­te Bucht getrie­ben wer­den. Ein Teil davon wird gefan­gen und an Aqua­ri­en ver­kauft, der Rest getötet.

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Die japa­ni­sche Pres­se berich­te­te über den Film und die Tat­sa­che, dass Tai­jis aus­tra­li­sche Schwes­ter­stadt Broo­me die Ver­bin­dung aus­setz­te (Asi­en­spie­gel berich­te­te), jedoch kaum über die Del­fin­jagd in Tai­ji selbst. Tai­ji ist in Japan ein Mus­ter­bei­spiel der soge­nann­ten Wal­fang­tra­di­ti­on. Als sol­ches war Tai­ji The­ma einer Fern­seh­se­rie des staat­li­chen Sen­ders NHK.

Tomo­ya Aki­mi­chi, ein Eth­no­lo­ge, der durch die Sen­dung führ­te, zeig­te wie iso­lier­te Küs­ten­ge­mein­den, in wel­chen Land­wirt­schaft schwie­rig war, Wal­fang unab­ding­bar war. Jeder Teil des Tie­res wur­de ver­braucht und jedes Mit­glied der Gemein­schaft half bei der Jagd oder der Ver­ar­bei­tung der Wale mit. Sie ver­ehr­ten die Wale und gaben ihnen bud­dhis­ti­sche Totennamen.

Geschich­te des Walfangs

Die Doku­men­tar­se­rie ging auch auf die Geschich­te des Wal­fangs im Wes­ten ein. Bevor Mit­te des 19. Jahr­hun­derts das Erd­öl ent­deckt wur­de, brauch­te man Wal­tran, um Sei­fe und Lam­pen­öl her­zu­stel­len. Ende des 18. Jahr­hun­derts hat­ten ame­ri­ka­ni­sche und bri­ti­sche Wal­fän­ger die Bestän­de der grös­se­ren Arten im Atlan­tik fast aus­ge­rot­tet und wand­ten sich dem Pazi­fik zu. Und als Com­mo­do­re Per­ry 1853 die Regie­rung in Edo dazu zwang, das Land zu öff­nen, fin­gen bis zu 700 ame­ri­ka­ni­sche Schif­fe Wale vor den Küs­ten Japans. Per­rys For­de­rung dien­te dazu, die­ser ame­ri­ka­ni­schen Wal­fang­flot­te das Anlau­fen japa­ni­scher Häfen zu ermöglichen.

Unmit­tel­bar nach Ende des Zwei­ten Welt­kriegs herrsch­te im kriegs­zer­stör­ten Japan Hun­ger und die ame­ri­ka­ni­schen Besat­zer reg­ten Wal­fang als zusätz­li­che Nah­rungs­mit­tel­quel­le an. Doch die Kon­kur­renz mit hol­län­di­schen und bri­ti­schen Wal­fän­gern in der Ant­ark­tis wur­de immer grös­ser und auch die ehe­ma­li­ge Sowjet­uni­on über­fisch­te ihre Fang­quo­ten. Als Resul­tat waren bestimm­te Arten vom Aus­ster­ben bedroht und die Fang­quo­ten wur­den von Jahr zu Jahr klei­ner. Als Pflan­zen­öl bil­li­ger wur­de als Mar­ga­ri­ne aus Wal­öl, gaben Hol­land und Gross­bri­tan­ni­en den Wal­fang auf und ver­kauf­ten ihre Schif­fe und Fang­quo­ten an die Japaner.

Mit dem Auf­kom­men der Umwelt­schutz­be­we­gung wur­den die Wale zum Sym­bol für den Umwelt- und Natur­schutz und Japan zum Feind, weil es sie wei­ter jag­te. Nach dem Mora­to­ri­um der inter­na­tio­na­len Wal­fang­kom­mis­si­on begann Japan ein Wal­fang­pro­gramm, angeb­lich zu For­schungs­zwe­cken. Der Rest der Welt sieht dar­in einen Deck­man­tel, denn die gefan­ge­nen Wale gelan­gen auf den Markt.

Die japa­ni­sche Sicht

Aus Tomo­ya Aki­mi­chis Per­spek­ti­ve haben die west­li­chen Län­der den Wal­fang nur aus dem Grund auf­ge­ge­ben, weil es sich nicht mehr ren­tier­te. Die mora­li­schen Grün­de des Wes­tens kamen erst viel später.

Die Idee, dass man Kühe und Schwei­ne züch­ten, schlach­ten und essen darf, Wale aber nicht, erscheint vie­len Japa­nern als schein­hei­lig. Tat­sa­che ist, dass eine Mehr­heit der Japa­ner kein Wal­fleisch mehr isst und auch kei­ne Lust dar­auf hat. Dies betrifft vor allem die jun­ge Gene­ra­ti­on. Das japa­ni­sche Wal­fang­pro­gramm zu For­schungs­zwe­cken ist heu­te nur noch ein letz­tes Über­bleib­sel des kom­mer­zi­el­len Walfangs.

Und obwohl es nicht ren­tiert, hält man aus tra­di­tio­nel­len Grün­den dar­an fest, so lan­ge es noch geht. Gleich­zei­tig befürch­tet man auch, ein Ende des Wal­fangs könn­te ein Prä­ze­denz­fall für ande­re Fisch­ar­ten wer­den, etwa den Blauflossen-Thunfisch.

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