Die Angst vor dem iPad
Wann immer Japan von aussen bedroht wird, liegt der Vergleich mit der Ankunft der Schwarzen Schiffen von Kommodore Matthew Perry nicht weit. 1854 erzwang die amerikanische Flotte die politische und wirtschaftliche Öffnung Japans und leitete damit das Ende der feudalistischen Edo-Zeit ein. Nun scheint Japan wieder einmal in Gefahr zu sein. Diesmal ist der Aggressor Apples iPad, vor dem die japanische Buchbranche zittert.
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«Viel wird gesagt über den iPad und den Kindle und beide werden sie mit den ‹Schwarzen Schiffen› verglichen», formulierte Kommunikationsminister Kazuhiro Haraguchi an einer Pressekonferenz die Ängste der Verlage. Japans Buchbranche, welche jährlich 21 Milliarden US-Dollar umsetzt, zeichnet sich durch ihr geschlossenes System aus. Die Verleger sprechen die Preise untereinander ab und garantieren damit eine Koexistenz von 450 Verlagen.
«Der japanische Buchmarkt ist einzigartig in der Hinsicht, dass die Detailhändler die Preise der Verleger einhalten müssen. Im Gegenzug werden die Buchläden geschützt, indem sie die Bücher den Verlegern zurücksenden können. Dies garantiert vielen kleinen Läden das Überleben», erklärt Takayoshi Koike von der Deutschen Bank gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Der Rückzug von Sony und Panasonic
Dieses Kartellsystem verunmöglicht es jedoch elektronische Bücher billiger zu verkaufen als gedruckte. Dies hat dazu geführt, dass die japanischen Elektronikunternehmen Sony und Panasonic ihre E-Book-Geräte im eigenen Land vom Markt nehmen mussten. Das Interesse der Japaner an einem Gerät, auf dem man ausschliesslich digitale Bücher lesen kann, sei zu gering gewesen, erklären die Pressesprecher von Sony und Panasonic.
Laut Nomura Holdings ist der Umsatz digitaler Bücher in Japan zwar viermal höher als in den USA. Japans Konsumenten bevorzugen jedoch ihre Handys als Lesegeräte und der Grossteil der verkauften Inhalte sind Comics.
Die Buchbranche in der Krise
Der iPad droht nun die eingespielten Regeln der Buchbranche zu untergraben. «Japans Druck-, Verleger- und Vertriebsindustrie sind stark ineinander verflechtet und alle drei fühlen sich vom iPad bedroht», erklärt Jun Hasebe von Daiwa Securites. «Tatsächlich besteht die grosse Wahrscheinlichkeit, dass der iPad den Autoren ermöglichen wird, die Verlage als Vermittler zu umgehen.»
Hasebe sieht jedoch im iPad als multimediale Plattform auch eine grosse Chance für die Verleger, die in den letzten Jahren massive Umsatzeinbrüche beklagen mussten. Die Buch- und Magazinverkäufe sind 2009 um 4,1 Prozent gefallen. Seit 1996 sind die Verkäufe insgesamt um 27 Prozent geschrumpft.
Die Unsicherheit hinsichtlich des neuen Apple-Tablets scheint unter den japanischen Verlagen jedoch zu überwiegen. «Wir sind interessiert daran den iPad auch für unsere Zwecke zu nutzen, nur darf dies nicht die Preisstruktur unserer Produkte zerstören», sagt eine Vertreterin eines grossen japanischen Verlages gegenüber Bloomberg.
Der iPad kommt
Jun Hasebe ist überzeugt vom Erfolg des iPad in Japan: «Im Unterschied zum Kindle werden die Konsumenten den iPad wegen vielen anderen Eigenschaften kaufen und am Ende werden sie ihre Bücher darauf lesen.»
Japans Verlage werden sich den neuen Gegebenheiten anpassen müssen. Die Ankunft von Kommodore Perry zwang eine ganze Nation sich politisch und gesellschaftlich zu erneuern. In diesem Sinne waren die Schwarzen Schiffe nicht nur eine Gefahr, sondern auch eine Chance.
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