Japans dunkelstes Nachkriegskapitel
Premierminister Yukio Hatoyama wird am 1. Mai an der Gedenkfeier für die Opfer der sogenannten Minamata-Krankheit teilnehmen. Dies haben Regierungsquellen der Asahi Shimbun mitgeteilt. Es wäre die erste Teilnahme eines japanischen Premiers.
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Die Minamata-Krankheit wurde 1956 erstmals offiziell diagnostiziert. Die Bewohner der Stadt Minamata in der Präfektur Kumamoto hatten über Jahre hinweg Fische verzehrt, die mit einem hohen Anteil an Quecksilber verseucht waren. Der Chemiekonzern Chisso hatte Tausende von Tonnen der hochgiftigen Substanz in der Bucht von Minamata entsorgt. Tausende von Menschen starben, andere wurde krank.
Die Krankheit führt zu Krämpfen, Lähmungen, Psychosen, verminderter Sicht, Sinnesverlust und anderen Symptomen. Es kommt vor, dass Kinder der Opfer mit knorrigen Gliedmassen geboren werden. Für die Regierung gab es lange Zeit offiziell lediglich 3000 Minamata-Opfer, denen eine kostenlose medizinische Behandlung garantiert wurde. Gleichzeitig blieben Tausende von weiteren Kranken von der staatlichen Hilfe ausgeschlossen.
Eine Katastrophe sondergleichen
Ein Urteil des Obersten Gerichtes im Jahr 2004 wendete das Blatt. Die Regierung wurde dafür verantwortlich gemacht, dass die Umweltverschmutzung nach 1956 weiter von statten gehen konnte. Chisso entsorgte bis 1970 seine Chemieabfälle in der Minamata Bucht. Die Minamata-Krankheit wurde zur Verkörperung der Schattenseite des japanischen Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg.
Im März dieses Jahres kam es schliesslich, nach einer neuerlichen Klage, zu einer aussergerichtlichen Einigung. Demnach erhält die 2000 Opfer umfassende Klägergruppe eine einmalige Ausgleichszahlung von 2,1 Millionen Yen (rund 16’500 Euro) pro Person und eine monatliche ärztliche Behandlungssumme in der Höhe von 17’700 Yen (rund 140 Euro) pro Person. Die Regierung plant zudem das Hilfsprogramm auf bis zu 30’000 weitere betroffene Personen auszuweiten.
Der Wunsch nach aufrichtiger Selbstkritik
Der heute 78-jährige Masazumi Yoshii war 1994 der erste Bürgermeister von Minamata, der sich bei den Opfern offiziell entschuldigt hatte. Zum Besuch Hatoyamas meint er: «Es ist etwas spät, aber ich begrüsse natürlich die Teilnahme des Premierministers. Das Land hat seine Schuld lange nicht anerkannt und tatenlos zugesehen. Von einem Landesvertreter wünsche ich mir Worte der aufrichtigen Selbstkritik und Wiedergutmachung zu hören.»
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