Die Chef­eta­ge wird zur Kas­se gebeten

Eine kurze Verschnaufpause: Stress als ständiger Begleiter im japanischen Arbeitsalltag.
Eine kur­ze Ver­schnauf­pau­se: Stress als stän­di­ger Beglei­ter im japa­ni­schen Arbeits­all­tag. flickr/​reu­ben

Erst­mals in der Wirt­schafts­ge­schich­te Japans ist die Chef­eta­ge eines Unter­neh­mens für den Tod durch Über­ar­bei­tung (jap. Karo­shi) eines Mit­ar­bei­ters ver­ant­wort­lich gemacht wor­den. Ein Gericht in Kyo­to hat den Prä­si­den­ten und drei Mit­glie­der der Geschäfts­lei­tung des japa­ni­schen Gas­tro-Untern­h­mens Dai­syo zu einer Scha­den­er­satz­zah­lung in Höhe von 78,63 Mil­lio­nen Yen (872’000 Dol­lar) an die Eltern eines ver­stor­be­nen Ange­stell­ten verurteilt.

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Der 24-Jäh­ri­ge Motoyasu Fukia­ge starb 2007 an einem Herz­in­farkt, nach­dem er als Ange­stell­ter der Dai­syo-Restau­rant­ket­te Nihon­kai Sho­ya regel­mäs­sig über 100 Über­stun­den pro Monat leis­ten muss­te. «Die Kon­zern­lei­tung ist ihrer Pflicht nicht nach­ge­kom­men, die Arbeits­zei­ten der Ange­stell­ten hin­sicht­lich der Gesund­heits­ge­fah­ren rich­tig abzu­wä­gen», lau­te­te die Urteils­be­grün­dung von Rich­ter Shi­ni­chi Oshi­ma. Die Unter­neh­mens­lei­tung sei ver­pflich­tet das Leben und die Gesund­heit sei­ner Mit­ar­bei­ter zu schützen.

«Ein weg­wei­sen­des Urteil»

Der Anwalt der Opfer, Tada­shi Mats­uma­ru, zeig­te sich gegen­über der Asahi Shim­bun ent­spre­chend erfreut über den Gerichts­ent­scheid: «Dies ist ein weg­wei­sen­des Urteil, das die Ille­ga­li­tät eines für den Arbeit­neh­mer lebens­ge­fähr­li­chen Lohn­sys­tems aner­kennt. Es wird einen ent­schei­den­den Ein­fluss auf die Gas­tro­no­mie­bran­che haben, in der Über­stun­den nur all­zu bekannt sind.»

Fuki­a­ges Eltern hat­ten im Dezem­ber 2008 Dai­syo auf 100 Mil­lio­nen Yen Scha­den­er­satz ver­klagt. Sie mach­ten das Unter­neh­men für den Tod ihres Soh­nes ver­ant­wort­lich, weil es ein Lohn­sys­tem unter­hielt, das bei weni­ger als 80 monat­li­chen Über­stun­den Abzü­ge beim fixen Monats­lohn zur Fol­ge hatte.

Laut japa­ni­schem Arbeits­recht gilt ein 8-Stun­den-Tag bei 5 Arbeits­ta­gen pro Woche. Zusätz­li­che Arbeits­stun­den müs­sen als Über­stun­den ver­rech­net wer­den. Das japa­ni­sche Arbeits­mi­nis­te­ri­um hat aus­ser­dem die Richt­li­nie her­aus­ge­ge­ben, dass 80 monat­li­che Über­stun­den wäh­rend zwei Mona­ten am Stück lebens­ge­fähr­lich seien.

Die Anschul­di­gun­gen des Unternehmens

Nach Ansicht des Gerich­tes haben es der Prä­si­dent und die wei­te­ren Ver­ur­teil­ten ver­nach­läs­sigt, die unver­nünf­ti­gen Arbeits­be­din­gun­gen zu kor­ri­gie­ren. Die Ver­tei­di­gung behaup­te­te, dass Dai­sys­os Lohn­sys­tem Über­stun­den von mehr als 80 Stun­den gar nicht erlaubt habe. Zudem beschul­dig­te das Unter­neh­men Motoyasu Fukia­ge der Alko­hol­sucht. Er soll zudem unter Arte­rio­skle­ro­se gelit­ten haben, behaup­te­te die Ver­tei­di­gung wei­ter. Das Gericht wies alle Punk­te ab.

Für die Eltern von Fukia­ge ist die­ser Ent­scheid nicht mehr als eine Genug­tu­ung. «Mein Gefühls­zu­stand ver­langt nicht nach dem Geld. Dai­syo soll mir mei­nen Sohn zurück­ge­ben», sag­te der Vater Fuki­a­ges gegen­über der Asahi Shim­bun.

Der Ein­fluss auf die Wirtschaft

Nach Mei­nung Koji Morio­kas, Wir­schafts­pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Kan­sai, wird das Urteil bedeu­ten­de Aus­wir­kun­gen auf die japa­ni­sche Wirt­schafts­welt haben. Die Unter­neh­men sei­en nun gericht­lich dazu ver­pflich­tet, die Gesund­heit des Arbeit­neh­mers zu schützen.

Dai­syo wur­de 1971 gegrün­det und unter­hält 900 Gas­tro­no­mie­be­trie­be unter­teilt in 40 ver­schie­de­ne Restau­rant­ket­ten. Das Unter­neh­men hat bereits letz­tes Jahr auf die Ankla­ge reagiert und das Lohn­sys­tem dahin gehend geän­dert, dass der Fixlohn nicht mehr gekürzt wird, auch ohne Ein­hal­tung der mini­mal gefor­der­ten 30 Über­stun­den pro Monat.

Der Tod durch Arbeitsstress

Karo­shi, der Tod durch Über­ar­bei­tung, ist ein gesell­schaft­li­ches Phä­no­men, das in Japan seit Jahr­zehn­ten exis­tiert. Doch erst seit ein paar Jah­ren aner­kennt der Staat Karo­shi als Krank­heit. Dies hat den Ange­hö­ri­gen der Opfer ermög­licht von den Unter­neh­men Scha­den­er­satz ein­zu­for­dern (Asi­en­spie­gel berich­te­te).

Die Beweis­füh­rung in Karo­shi-Fäl­len erweist sich jedoch als extrem schwie­rig. Ent­spre­chend oft kom­men die Unter­neh­men straf­los davon. Doch seit ein paar Jah­ren geben die Gerich­te zuneh­mend den Klä­gern recht. ja.

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