Wenn Sozi­al­hil­fe eine Schan­de ist

Die Arbeit als Rettungsanker: In Japan wird Sozialhilfe gesellschaftlich verachtet.
Die Arbeit als Ret­tungs­an­ker: In Japan wird Sozi­al­hil­fe gesell­schaft­lich ver­ach­tet. flickr/​jamesjustin

Laut einer Sta­tis­tik des Arbeits­mi­nis­te­ri­ums füh­ren Arbeits­lo­sig­keit und Exis­tenz­nö­te häu­fi­ger zu Selbst­mord. Dem­nach hat die Zahl der Selbst­mor­de unter den Für­sor­ge­emp­fän­gern in den ver­gan­ge­nen drei Jah­ren zugenommen.

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Im ver­gan­ge­nen Jahr kam es in die­sem Zusam­men­hang zu 1’045 Fäl­len. 2008 lag die Zahl noch bei 843. Wie das Arbeits­mi­nis­te­ri­um ver­mu­tet, hat die Wirt­schafts­kri­se zu die­sem tra­gi­schen Anstieg beigetragen.

Der Ver­lust der Arbeits­stel­le führt zu nicht sel­ten zu einer tra­gi­schen Ket­ten­re­ak­ti­on. Nach der finan­zi­el­len Not kommt die Iso­lie­rung vom sozia­len Umfeld. Das Bezie­hen von Für­sor­ge­geld wird für vie­le als Schan­de betrachtet.

Selbst­ver­ach­tung und Selbsmordgedanken

So erging es auch einem 64-jäh­ri­gen Mann aus der Prä­fek­tur Saita­ma. Nach der Tren­nung von sei­ner Frau, ver­lor er sei­ne Anstel­lung bei einem Haus­halts­wa­ren­her­stel­ler und zwei Jahr spä­ter auch sei­ne Beschäf­ti­gung als Tem­po­r­ä­r­ar­bei­ter, wor­auf er auf der Stras­se stand.

Dank der Sozi­al­hil­fe hat er wie­der einen fes­ten Wohn­sitz. Trotz­dem emp­fin­de er noch heu­te Selbst­ver­ach­tung und der Gedan­ke ans Selbst­mord kom­me in ihm immer wie­der auf. «Ich füh­le, wie die Umge­bung mich ver­ach­tet. Manch­mal fra­ge ich mich, wes­halb ich noch leben soll», beschreibt er sei­ne Situa­ti­on der Yomi­uri Shim­bun.

Allein­ste­hen­de Soziahlhilfeempfänger

Gemäss Fuji­ta Tak­an­o­ri von der Non­pro­fit-Orga­ni­sa­ti­on Hot Pot bestehe zwar kein Grund sich für das Emp­fan­gen der Sozi­al­hil­fe zu schä­men, den­noch machen sich vie­le Emp­fän­ger Vor­wür­fe und bekun­den Schwie­rig­kei­ten ihre Lage dem Umfeld zu kom­mu­ni­zie­ren. Dies erklä­re auch die zuneh­men­de Zahl der allein­ste­hen­den Sozialhilfeempfänger.

Um künf­tig sol­chen Ent­wick­lun­gen vor­zu­beu­gen, will das Arbeits­mi­nis­te­ri­um bei Sozi­al­hil­fe­emp­fän­gern den Fokus auf die psy­cho­lo­gi­sche Betreu­ung set­zen. Aus­ser­dem hat die japa­ni­sche Regie­rung im ver­gan­ge­nen Novem­ber einen «100-Tage-Mass­nah­me­plan gegen Selbst­mord» aus­ar­bei­ten lassen.

Mass­nah­men grei­fen zu wenig

In die­sem Zusam­men­hang wur­de bei­spiels­wei­se in den Arbeits­äm­tern ein Bera­tungs­schal­ters zur Bekämp­fung der anstei­gen­den Selbst­mord­ra­te ins Leben geru­fen. Als Fol­ge des­sen sei die Sui­zid­ra­te im Zeit­raum zwi­schen Sep­tem­ber 2009 und April 2010 im Ver­gleich zum Vor­jahr leicht gesun­ken, sagt die Regierung.

Yas­uki Shi­mi­zu von der Non­pro­fit-Orga­ni­sa­tioon Life Link rela­ti­viert jedoch: «Die­se Ent­wick­lung ist wohl eher der zuneh­men­den gesell­schaft­li­chen Sen­si­bi­li­sie­rung zum The­ma Selbst­mord zu ver­dan­ken. Die direk­ten Mass­nah­men der Regie­rung haben damit wenig zu tun.»

Die kri­ti­sche 30’000er-Marke

Bis es zu einem durch­schla­gen­den Erfolg in der Bekämp­fung der Selbst­mord­ra­te kommt, wird es vor­aus­sicht­lich noch Jah­re dau­ern. Denn auch die­ses Jahr hat die Selbst­mord­ra­te die kri­ti­sche Mar­ke von 30’000 Fäl­len über­schrit­ten. sb.

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