Naoto Kans erste Prüfung
Der 63-jährige Naoto Kan ist seit dem 4. Juni der neue Premierminister Japans, doch alle Augen sind auf den zurückgetretenen Generalsekretär der Demokratischen Partei (DPJ), Ichiro Ozawa, gerichtet. Im Gegensatz zu Yukio Hatoyama hat sich dieser noch nicht zu einem Rücktritt von der politischen Bühne bereit erklärt.
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Der Strippenzieher der DPJ verfügt mit einer innerparteilichen Anhängerschaft von 150 Abgeordneten über die grösste Faktion der regierenden Partei. Ozawa hat die Partei nach Jahren in der Opposition regierungsfähig gemacht. Der Ex-Premier Yukio Hatoyama stand denn auch bis zum Schluss loyal zu ihm.
Nun aber sind viele der Meinung, dass sein Einfluss und die ständigen Verwicklungen in Spendenskandale der DPJ nachhaltig Schaden zufügen. Ein Grossteil der Bevölkerung hat schon lange genug vom Schatten-Regenten.
«Es ist besser wenn er still hält»
Mit Naoto Kan an der Spitze werden die Karten womöglich neu gemischt. Bis am Freitag letzter Woche blieb Kan ruhig, wenn es um die Akte Ozawa ging. Kurz vor seiner Wahl wagte er schliesslich den ersten Schachzug: «Ozawa hat viel Misstrauen von der Bevölkerung geerntet. Daher ist es besser, wenn er für den Moment still hält.» (Asienspiegel berichtete).
Es war eine erste Warnung an den Strippenzieher sich künftig nicht mehr einzumischen. Ozawa goutierte dies überhaupt nicht und portierte mit Shinji Tarutoko einen innerparteilichen Gegenkandidaten. Kan holte sich jedoch eine überwältigende Mehrheit.
Die Zeit ist reif
Die erste Runde im Machtpoker hatte der neue Premier für sich entschieden. Nach den zahlreichen ungeklärten Spendenskandalen (Asienspiegel berichtete) hatte Ozawa nicht nur die Gunst der Bevölkerung verloren, sondern auch einen Grossteil der innerparteilichen Unterstützung.
Aus dieser Gewissheit heraus wagte Kan den öffentlichen Bruch mit Ozawa und setzten nach seiner Wahl gleich noch ein weiteres unmissverständliches Zeichen. Der 63-Jährige ernannte den bisherigen Strategie-Minister Yoshito Sengoku per sofort zum neuen Chefkabinettssekretär. Sengoku ist ein offener Kritiker Ozawas. Damit nicht genug: Laut der Asahi Shimbun soll mit Yukio Edano ein weiterer Gegner Ozawas dessen Nachfolger als Generalsekretär werden.
Entscheidendes Machtspiel
Der neue Premierminister gilt im Gegensatz zu seinem Vorgänger als starker Debattierer, der den verbalen Schlagabtausch nicht scheut. Selbst mit der einflussreichen Bürokratie weiss er es seit seiner Zeit als Gesundheitsminister in den 1990er Jahren (Asienspiegel berichtete) aufzunehmen.
Es wird sich zeigen, ob Naoto Kan auch die nächsten Runden im Machtpoker mit Ozawa für sich entscheiden kann. Sollte es ihm gelingen, dürfte ihm eine längere Amtszeit als die seines Vorgängers beschert werden. ja.
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