Okinawas schwere Bürde

Der 56-jährige Sadamitsu Ushijima trägt seit seiner Geburt eine schwere Bürde. Sein Grossvater war Generalleutnant Mitsuru Ushijima, Befehlshaber der Imperialen Streitkräfte Japans auf Okinawa während des Zweiten Weltkrieges.
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Zwischen dem 1. April und dem 23. Juni 1945 lieferten sich hier die japanischen und amerikanischen Streitkräfte die blutigste Schlacht des Krieges. Über 200’000 Menschen – jeweils 95’000 japanische Soldaten und Zivilisten plus 13’000 Amerikaner – mussten bis zur endgültigen Eroberung der Insel durch die US-Truppen ihr Leben lassen. Die japanische Armee spielte dabei die unrühmliche Rolle die eigenen Zivilisten aufgerieben zu haben.
Naoto Kans Rede der Versöhnung
Die Japaner gedenken jeweils am 23. Juni, dem sogenannten Memorial Day, dieses hohen Blutzolles im Zweiten Weltkrieg. Premierminister Naoto Kan nutzte die Gelegenheit, um sich erstmals in seiner neuen Funktion auf Okinawa zu zeigen. In seiner Rede suchte er die Versöhnung mit der Inselbevölkerung, die sich seit Jahren unzufrieden über die massive US-Truppenpräsenz auf Okinawa zeigt.
Die Inselgruppe wurde erst 1972 von Washington an Japan zurückgegeben, doch noch heute befinden sich 74 Prozent aller japanischen US-Militäranlagen auf Okinawa. Der Ende Mai gefällte Entscheid den US-Stützpunkt Futenma in der Präfektur zu belassen, hat die Spannungen zwischen Tokio und Okinawa weiter erhöht (Asienspiegel berichtete).
«Ihr tragt bis heute eine schwere Bürde. Dafür möchte ich mich als Premierminister entschuldigen», suchte Kan in seiner Rede die Annäherung mit der Bevölkerung. «Gleichzeitig möchte ich mich dafür bedanken, dass Okinawa zu Frieden und Stabilität beigetragen hat.» Sein Ziel sei es die Bürde einst zu verringern.
Der lange Wege Ushijimas
Der Ausgangspunkt dieser Bürde war der kaiserliche Befehl an Generalleutnant Mitsuru Ushijima bis zum letzten Mann die Inselgruppe vor den Amerikanern zu verteidigen. Am Ende nahm sich der Ushijima in einer Höhle bei Mabuni das Leben.
Sein Enkel Sadamitsu Ushijima, der als Grundschullehrer tätig ist, musste sein Leben lang mit der Angst leben auf das unrühmliche Erbe seines Grossvaters angesprochen zu werden. Zumal ihre beiden Vornamen mit dem gleichen Schriftzeichen geschrieben werden. Er selbst hatte seinen Grossvater jedoch nie zu Gesicht bekommen.
Seine Bewältigung der Familientragödie begann 1994 als er zum ersten Mal nach Okinawa reiste und den Ort besuchte, an dem sein Grossvater sich das Leben nahm und heute noch ein Museum in Andenken an die unschuldigen Opfer steht. Weil sein Grossvater den kaiserlichen Befehl ausführte, mussten fast 100’000 Zivilisten ihr Leben lassen, heisst es an einer Stelle im Museum.
Sein Schlussfolgerung
Sadamitsu Ushijima zog daraus seine eigenen Schlüsse: «Bewaffnete Truppen verteidigen keine Zivilisten. Dies haben wir aus der Schlacht von Okinawa gelernt», sagt er gegenüber der Asahi Shimbun. Zurück in Tokio begann er Klassen zur Friedenserziehung zu gründen. Ushijima gibt mittlerweile in ganz Japan seine Botschaft den Kindern weiter. ja.
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