Mit einem Praktikantenlohn in den Tod
Die japanische Regierungsorganisation Japanese International Training Corporation Organisation bietet jährlich rund 200’000 jungen Menschen aus Entwicklungsländern ein einjähriges Praktikum in japanischen Unternehmen an. Nun ist diese Praxis heftig in die Kritik geraten, nachdem 27 Praktikanten letztes Jahr an den miserablen Arbeitsbedingungen gestorben sind.
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Menschenrechtsorganisationen prangern an, die japanische Regierung öffne mit diesem Programm der modernen Sklaverei die Tür (Asienspiegel berichtete). Anwälte, welche einige Opfer vertreten, sprechen von über 350 Überstunden im Monat. Der Monatslohn beläuft sich in der Grössenordnung zwischen 10’000 Yen (75 Euro) und 30’000 Yen (225 Euro).
Die Mehrheit der Opfer sind Chinesen
«Bei den meisten Verstorbenen kann man von einem Tod durch Überarbeitung ausgehen», sagt Lila Abiko, welche die Familie eines 2008 verstorbenen Chinesen vertritt. «Das ist zwar eine Verbesserung zu den 35 Toten im Jahr 2008, aber immer noch zuviel.»
Das Arbeitsministerium bestätigt, dass letztes Jahr 9 an einer Hirnkrankheit, 4 bei Arbeitsunfällen, 3 durch Selbstmord und 4 durch Autounfälle starben. Bei den restlichen Todesopfern konnte die Ursache nicht geklärt werden. Dabei handelte es sich um 21 Chinesen, 3 Vietnamesen, 2 Philipinos und 1 Indonesier.
Mangelnde Kontrolle
Die Tokioter Regierung hat versprochen, die Fälle ernsthaft zu prüfen und die Firmen anzuweisen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Bereits 2008 hatte das Justizministerium bei der Rekordzahl von 452 Firmen und anderen Organisationen, die ausländische Praktikanten beschäftigten, Gesetzesverstösse festgestellt. Etwa 60 Prozent davon betrafen Verstösse gegen Arbeitsgesetze wie nicht bezahlte Löhne und Überstundenzuschüsse.
Menschenrechtsorganisationen sind skeptisch, dass sich nur durch Versprechen überhaupt etwas ändern werde. Kein Unternehmen sei in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bereit, Praktikanten besser zu bezahlen oder weniger arbeiten zu lassen. Die staatliche Kontrolle der der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sei ebenfalls mangelhaft.
Der Hoffnungsschimmer
Trotzdem gibt es Anlass zur Hoffnung. Die zuständige Arbeitsbehörde in der Präfektur Ibaraki hat bestätigt, dass sie den Tod eines 31-jährigen Chinesen aus dem Jahr 2008 offiziell als Karoshi-Fall anerkennen wird.
Mit Karoshi wird in Japan der Tod durch Überarbeitung bezeichnet. In den letzten Jahren haben die Gerichte zunehmend die Bereitschaft gezeigt mit Präzedenzfällen im Sinne der Opfer diesem gesellschaftlichen Problem entgegenzutreten (Asienspiegel berichtete).
Die Familie des Opfers wird rund 10 Millionen Yen (80’000 Euro) an Entschädigungszahlungen erhalten. Der 31-jährige Praktikant hatte in den Monaten vor seinem Tod regelmässig über 100 Überstunden in einer Metallverarbeitungsfabrik geleistet. ja.
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