Ein Land ohne Sommerzeit
In der Nacht auf heute sind in Europa die Uhren um eine Stunde zurückgestellt worden. Japan kennt diese Massnahme lediglich aus längst vergangenen Tagen. Zwischen 1948 und 1951 erlebte der Inselstaat eine kurze Periode, in der es eine Sommerzeit gab. Nach dem Ende der amerikanischen Besatzung machte die Tokioter Regierung diese Reform jedoch rückgängig. Die Bevölkerung beklagte sich über Schlafbeschwerden und längere Arbeitszeiten.
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Bis heute ist Japan das einzige industrialisierte Land, das zwischen Frühling und Herbst keine Zeitumstellung vornimmt. Dabei wäre laut dem britischen The Economist die Einführung der Sommerzeit eine durchaus sinnvolle Aktion für die stagnierende Wirtschaft, und dies auch noch kostenfrei.
Geht es nach den Einschätzungen von John Alkire von Morgan Stanley könnte der Konsum in Japan mit jeweils einer Stunde mehr abendlichem Sonnenlicht während den Sommermonaten bedeutend gesteigert werden. Ausserdem würden Verkehrsunfälle, die Kriminalität und der Energieverbrauch reduziert werden. Auch die Gesundheit der Bevölkerung würde dank der zusätzlichen Sonneneinstrahlung profitieren. «Die Sommerzeit wäre eine Konjunkturmassnahme, die ganz ohne Geld auskommt», erklärt Alkire gegenüber The Economist.
Das Hokkaido-Experiment
Die Nordinsel Hokkaido, die durch ihre geografische Lage den Sonnenaufgang im Sommer bereits um 4.30 Uhr morgens erlebt, setzt sich schon länger für ein Umdenken in der japanischen Politik ein. In einem seit 2003 eingeführten Experiment, bei dem jeweils über 220 Unternehmen und 6600 Arbeitende in Hokkaido freiwillig auf Sommerzeit umstellen, haben sich die positiven Auswirkungen auf die Wirtschaft bestätigt.
Das Forschungsinstitut Dai-Ichi Life Research hat basierend auf diesen Daten ausgerechnet, dass das Bruttoinlandprodukt Japans mit einer landesweiten Zeitumstellung im Sommer um 1,2 Billionen Yen (10,6 Mia. Euro) wachsen würde. Ein weiteres Forschungsinstitut, The Japan Productivity Centre, rechnet sich durch den zusätzlichen Konsum 100’000 neue Arbeitsstellen aus.
Widerwille in der Bevölkerung schwindet
2005 war die japanische Regierung unter Junichiro Koizumi nahe dran, die Sommerzeit einzuführen. Doch Uneinigkeiten auf bürokratischer Ebene verhinderte die Umsetzung, schreibt The Economist weiter. Auch Nachfolger Shinzo Abes Bemühungen für eine Einführung scheiterten.
Der langjährige Widerwille in der Bevölkerung spielte bislang eine entscheidende Rolle. Viele Arbeitnehmer sahen darin einen Komplott der Regierung die Arbeitszeiten zu verlängern. Doch mittlerweile scheint ein Umdenken stattgefunden zu haben. Die Zustimmung für die Einführung der Sommerzeit ist in der Bevölkerung von 40 Prozent während den 1990er-Jahren auf aktuell 60 Prozent angestiegen. ja.
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